Bei einer Debatte über den Bau von Wohnungen für Flüchtlinge in Ludwigsburg kommt es zu Tumulten. Die Fraktionen lehnen die Pläne der Verwaltung ab.

Ludwigsburg - Ludwigsburg muss 2018 Platz für knapp 600 anerkannte Flüchtlinge schaffen. Weil die Zeit drängt und Wohnraum knapp ist, sollen für etwa die Hälfte der Betroffenen eigene Gebäude errichtet werden. Die Stadt hatte vier Standorte ausgewählt und hoffte nun auf grünes Licht vom Gemeinderat. Doch als das Thema am Donnerstag in einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Sozialausschuss erstmals beraten wurde, ging die Debatte zeitweise im Tumult von Zwischenrufen wütender Bürger unter. Um eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden, ließ der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried gar nicht erst über die Vorlage abstimmen.

 

Die Zuschauersitze im Großen Saal des Kulturzentrums waren drängend voll. Aufgebrachte Anwohner versuchten, schon die Präsentation der Pläne für die Anschlussunterbringung durch Buhrufe und Schimpftiraden zu verhindern. Bürgermeister Seigfried drohte mehrmals, Zwischenrufer aus dem Saal werfen zu lassen. Doch nicht nur die Ablehnung der betroffenen Anwohner war total, auch die Sprecher der in den Ausschüssen vertretenen Parteien äußerten sich nur kritisch oder ganz und gar ablehnend. Und ernteten dafür viel Applaus von den Zuhörern.

Nachhaltige Häuser statt Container

„Das ist keine leichte Kost“, sagte Seigfried, „wir haben uns diese Aufgabe nicht gesucht.“ Aber es sei eine Pflicht für Ludwigsburg, so viel Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Das von der Verwaltung entwickelte Konzept sieht vor, dass im Innenhof eines ehemaligen Kasernengebäudes an der Ecke Stuttgarter- und Elmar-Doch-Straße bis zu zehn Cubes gebaut werden – so nennt die Wohnungsbau GmbH Ludwigsburg von ihr entwickelte würfelförmige Modulbauten, die bis zu elf Meter hoch gestapelt werden können.

Weitere Modulbauten sollen an der Osterholzallee-Nord bei der Strombergstraße, auf dem Bolzplatz an der Gemeindehalle in Hoheneck sowie auf dem Gelände Kleines Feldle in Pflugfelden entstehen. Er wolle keine Container aufstellen, sagte Seigfried: „Das ist rausgeschmissenes Geld.“ Im Gegensatz zu Containern könnten die würfelförmigen Häuser später als Wohnungen oder Wohnheime für Studenten genutzt werden. Die vier genannten Flächen sind nach Aussage der Verwaltung die einzig geeigneten aus einer Reihe von 20 geprüften Standorten.

Die heftigste Kritik entzündete sich an dem Plan, im Innenhof der Kaserne an der Stuttgarter Straße Wohnraum für bis zu 300 Menschen zu bauen. Die Kritiker ließen sich auch nicht dadurch beschwichtigen, dass Seigfried betonte, dass hier nur etwa ein Drittel der Wohnungen für Flüchtlinge reserviert seien. Der Rest soll Menschen vorbehalten sein, die schon lange preisgünstige Wohnungen suchten.

Stadträte von Plänen überrascht

Fast alle Redner der Fraktionen kritisierten eine schlechte Informationspolitik der Stadt. Anstatt zuerst mit den betroffenen Bürgern und deren Vertretern in den Stadtteilen zu sprechen, sei vorgesehen, diese erst am Schluss des Prozesses zu Wort kommen zu lassen. „Das ist einer Stadt, die für ihre Bürgerbeteiligung ausgezeichnet wurde, unwürdig“, sagte etwa Gabriele Moersch (FW). Auch Margit Liepins (SPD) fand, dass die Stadt hier „wenig sensibel“ agiert habe. Zumal das Thema erst in der nächsten Woche bei den Sitzungen in den Stadtteilausschüssen auf der Tagesordnung stehe.

Im übrigen gaben die Stadträte an, von den Plänen überrumpelt worden zu sein. „Warum haben sie nicht schon vor zwölf Monaten ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet?“, meinte Reinhold Noz (CDU). In diesem Fall hätte man auf andere Standorte zugreifen können. „Das Konzept hat auch uns Stadträte überrascht“, sagte Moersch. „Sie haben damit für große Unsicherheit und Angst bei den Bürgern gesorgt.“ Johann Heer (FDP) meinte, eine Bebauung an der Strombergstraße torpediere die Pläne für eine Landesgartenschau, während Elga Burkhardt (Lubu) sich gegen jedes weitere Bauvorhaben aussprach: „Seit die Flüchtlinge gekommen sind, sind wir nur noch am Bauen, Bauen, Bauen.“