Für das Projekt Stuttgart 21 muss die Tunnelbohrmaschine unterirdisch um 180 Grad gedreht werden. Herausfordender könnte aber ein kurzes Tunnelstück Richtung Bahnhof werden.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Zwölf Meter hoch und 13 Meter breit ist die Öffnung, die Mineure in den vergangenen Wochen 70 Meter unterhalb der Gerokstraße aus dem Berg gehauen haben. Doch die Größe des Hohlraums relativiert sich, wenn über den Zweck nachgedacht wird: In dieser sogenannten Wendekaverne soll die 2000 Tonnen schwere und 120 Meter lange Tunnelbohrmaschine um 180 Grad gedreht werden, die von den Fildern kommend einen Tunnel für Stuttgart 21 bohrt.

 

Die Maschine soll erst im Sommer 2018 in der Stadt ankommen. Die Wendekaverne ist nun aber zumindest aus dem Berg gebrochen. „Jetzt müssen wir noch einen Boden einbauen, der das Wenden der Maschine auch zulässt“, sagt Thomas Berner, der bei der Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) den Bau des gut 9,5 Kilometer Fildertunnels betreut. Einmal an der Wendekaverne angekommen, wird die Maschine in sieben Teile zerlegt. Die Abschnitte sollen dann auf Luftkissen gelagert an ihren nächsten Einsatzort gebracht werden, von dem aus sie dann wieder zusammengesetzt den letzten Teil des Fildertunnels angehen. Ende des Jahres 2019 sollen beide Röhren zwischen der Innenstadt und der Filderebene fertig sein, prognostoziert Günter Osthoff, der bei der PSU die Abschnitte auf die Filder und in die Neckarvororte verantwortet.

Eine zweite Maschine eingespart

Die Alternative zu der aufwendigen Wendeprozedur, für die die Bahn vier bis fünf Monate veranschlagt, wäre eine zweite Tunnelbohrmaschine gewesen. 16 bis 20 Millionen Euro müsse man aber pro Tunnelbohrer kalkulieren, so Osthoff.

Noch befindet sich die Maschine allerdings in einem Tunnelstück unter Degerloch. Diese sogenannte geologische Übergangszone hatten Mineure mit Sprengungen ausgebrochen. Die Maschine schob sich dann in den vergangenen Wochen durch den bereits fertigen Tunnelabschnitt. Anfang November soll sie ihre Arbeit wieder aufnehmen. Dann passiert sie auch die Fundamente des Fernsehturms – in gut 200 Meter vertikaler Entfernung. „Der Fernsehturm wird nicht umkippen“, sagt Osthoff. Entsprechende Befürchtungen waren vor zwei Jahren laut geworden. Auch der Zwischenfall in Rastatt, bei dem ein maschinell gebauter Tunnel kollabierte und eine wochenlange Sperrung der wichtigen Rheintalbahn nach sich zog, ändert nichts an der Zuversicht der Stuttgarter Tunnelbauer. Weder das Verfahren noch die Geologie seien bei den beiden Vorhaben vergleichbar, sagt Berner.

Bahn sieht Setzungen an der Oberfläche im Rahmen

Auch der Bau der Wendekaverne mit ihren großen Abmessungen hatte Befürchtungen bei Anwohnern ausgelöst. „Die Senkungen an der Oberfläche blieben bei weniger als 20 Millimetern“, sagt Osthoff. Vom weiteren Tunnelbau sollen die Anwohner auch so wenig wie möglich mitbekommen. Deshalb wird sämtliches Gestein, das die Tunnelbohrmaschine löst, über Förderbänder unterirdisch auf die Filder transportiert.

Richtung Bahnhof fehlen noch 240 Meter Tunnel. Deren Bau nötigt Osthoff Respekt ab. Zwischen Röhre und Bebauung ist wenig Platz, die Häuser sollen mit Injektionen in den Untergrund angehoben werden. Zwei der dafür drei nötigen Schächte seien fertig, die Injektionen aber noch nicht begonnen. Im März hatte die Bahn angenommen, diese Arbeiten noch 2017 angehen zu können. Angesichts der Herausforderungen kann es nicht schaden, dass Bischof Gebhard Fürst zur Barbara-Feier am 4. Dezember in die Kaverne kommt.