Anstelle von Wolff & Müller baut nun Züblin den dritten Leuze-Tunnel. Die neue Vergabe treibt die Gesamtkosten weiter in die Höhe. Auch der Ausgang eines sich anbahnenden Rechtsstreits ist völlig offen. Es geht um enorme Summen.

Stuttgart - Nicht nur der Stuttgart-21-Tiefbahnhof wird deutlich teurer als geplant: Auch der Rosensteintunnel, eines der größten Tunnelbauprojekte der Stuttgarter Geschichte, kratzt mittlerweile an der 300-Millionen-Euro-Marke. Gestartet war es 2012 mit einer Kostenschätzung von knapp 200 Millionen Euro. Nach Informationen unserer Zeitung erhöhen sich die Gesamtkosten für das Vorhaben, das auch die Verbindung B 10/B 14 – den sogenannten Leuzeknoten – umfasst, aktuell auf 293 Millionen Euro. Das geht aus einem Papier hervor, über das der Technische Ausschuss des Gemeinderats am 12. Juni berät. Zuletzt hatte die Kostenschätzung bei rund 277 Millionen Euro gelegen.

 

Als Grund für die erneute Ausgabensteigerung nennt der zuständige Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) auf Anfrage die Tatsache, dass die Arbeiten für den Berger Tunnel, der künftig die Bundesstraßen 10 und 14 miteinander verbinden und den Verkehr entzerren soll, neu ausgeschrieben werden musste. Wie berichtet, hatte die Stadt dem Zuffenhausener Bauunternehmen Wolff & Müller im Frühjahr 2017 überraschend den Auftrag für die dritte Leuzeröhre und den Kurztunnel entzogen. Die Firma habe ungerechtfertigte finanzielle Nachforderungen gestellt, obwohl sie ihrerseits den Bauablauf massiv verzögert sowie gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen habe, so die Begründung. Wolff & Müller hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und im Gegenzug Verzögerungen bei den Bauarbeiten durch Planungsänderungen etwa bei der Verkehrsführung während der Baumaßnahmen geltend gemacht.

Züblin übernimmt den Bau des dritten Leuzetunnels von Wolff & Müller

Mittlerweile ist der Auftrag für den Kurztunnel vergeben – an den Vaihinger Baukonzern Züblin. Das Auftragsvolumen: knapp 15 Millionen Euro. Hinzu kommen Kosten für externe Verkehrsplaner, die Überwachung des Bauforschritts sowie einen geotechnischen Gutachter. Die Gesamtsumme von gut 16 Millionen liegt um knapp acht Millionen Euro über den ursprünglich kalkulierten Baukosten.

Zeitgleich mit der Vergabe der Arbeiten will sich die Stadt vom Gemeinderat auch für die möglichen Gerichtsverfahren gegen Wolff & Müller ein Plazet geben lassen. Insgesamt belaufen sich die Nachforderungen des Unternehmens an die Stadt wie berichtet auf rund 50 Millionen Euro – ein Sechstel der jetzt in Rede stehenden Bausumme für das Gesamtprojekt Rosensteintunnel. Die Stadt wiederum fordert eine bereits bezahlte Tranche von 12,8 Millionen Euro zurück, die sie für unberechtigt hält. Einen ursprünglich für den 23. April angesetzten Gütetermin hatte das zuständige Landgericht auf den 12. Juli verschoben. Dass sich die Stadt mit dem Bauunternehmen außergerichtlich einigen wird, gilt angesichts der im Raum stehenden Summen als äußerst unwahrscheinlich. Der sich dann anbahnende Rechtsstreit dürfte in jedem Fall einige Jahre dauern.

Stadt sieht gute Chancen, sich die Mehrkosten vor Gericht zurückzuholen

Technikbürgermeister Thürnau geht davon aus, dass die Stadt einen Großteil ihrer Forderungen vor Gericht durchsetzen kann: „Wir sind der Auffassung, dass wir die jetzt anfallenden Mehrkosten vor Gericht wieder reinholen können.“ Falls das Gericht jedoch zu der Ansicht gelangt, dass die Forderungen von Wolff & Müller berechtigt sind, wird es für die Stadt noch deutlich teurer. Der Risikotopf für das Gesamtvorhaben Rosensteintunnel, den die Stadt mit 43 Millionen Euro ausgestattet hat, müsste angezapft werden, um die Rechnung zu begleichen. Das Land als Zuschussgeber wäre außen vor – sein Beitrag ist auf 112 Millionen Euro gedeckelt.

Thürnau zeigt sich derzeit zuversichtlich, den bereits im Februar um zwei Jahre nach hinten verschobenen Fertigstellungstermin 2023 für den Leuzeknoten diesmal einhalten zu können. Unbeschadet der aktuellen Misere peilt die Stadt beim 1,3 Kilometer langen Rosensteintunnel, Namensgeber und Hauptabschnitt des Tunnelprojekts, sogar weiterhin die Inbetriebnahme im Jahr 2020 an.