Der Schwertransporter mit der Tunnelbohrmaschine ist pünktlich am Hafen in Hedelfingen gestartet. Kurz vor dem Ziel im Gewerbegebiet Fasanenhof blockieren Projektgegner nach Mitternacht die Zufahrt zur Fildertunnel-Baustelle.

Stuttgart - Selten hat ein Schwertransport in der Landeshauptstadt schon Tage vor der Abfahrt für solch große Aufregung und Diskussionen gesorgt – das Bahnprojekt Stuttgart 21 setzt auch dabei wieder einmal neue Maßstäbe. Hauptdarsteller in diesem Fall ist das 170 Tonnen schwere Hauptlager der Tunnelbohrmaschine, das in der Nacht zum Freitag vom Stuttgarter Hafen auf die Filder transportiert wird, damit vom Sommer 2014 an der Fildertunnel zwischen dem Hauptbahnhof und dem Flughafen in den Untergrund gefräst werden kann.

 

Um 19.01 Uhr startet der Konvoi in Hedelfingen. Die etwa 200 Stuttgart-21-Gegner, die sich am frühen Donnerstagabend an den Otto-Hirsch-Brücken versammelt haben, pfeifen und trommeln, als sich der Koloss in Bewegung setzt. Eine 20-köpfige Gruppe habe zudem versucht, ein Absperrgitter zu durchbrechen, so Polizeisprecher Stefan Keilbach. Einem 58-Jährigen gelingt es – und er wird kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Während manche Schaulustige das Schauspiel der Technik faszinierend finden, ist es für die Stuttgart-21-Gegner ein unverantwortlicher Akt der Bahn, „die in bewährter Manier Fakten schaffen will“, wie etwa die Parkschützer betonen. Deshalb wollten sie auch entlang der Transportstrecke Präsenz zeigen.

Um Flagge gegen den „Monsterbohrer“ zu zeigen, der nach Ansicht vieler Projektgegner den Stuttgarter Untergrund bedroht, hatten die Aktivisten am Donnerstag angekündigt, entlang der Transportstrecke Präsenz zu zeigen. „Wir wollen den Transport kritisch begleiten“, hatte Matthias von Herrmann angekündigt, der Sprecher der Parkschützer, die dazu unter anderem drei Versammlungen angemeldet hatten, so im Bereich Otto-Hirsch-Brücken in Hedelfingen. Außerdem hatten Aktivisten auch zwei Demonstrationen direkt am Stuttgarter Hafen angemeldet, von wo aus sich der Konvoi am Abend gegen 19 Uhr in Bewegung setzten sollte.

Geeinigt haben sich die Verkehrsplaner auf eine Route, die zunächst über die Bundesstraße 10 bis nach Esslingen-Weil führt. Durch den Transport kommt es zu Verkehrsbehinderungen. Auf der B 10 staut sich der Verkehr kilometerweit. Von Esslingen aus geht es ohne größere Zwischenfälle auf die Filder und durch Scharnhausen. Einige Verkehrsinseln sind mit Brettern präpariert worden, um Schäden zu verhindern. Zudem muss die Zugmaschine an mehreren Kurven umgekoppelt werden, damit der Schwertransporter besser manövriert werden kann. Von Scharnhausen aus bewegt sich der Konvoi in Richtung A 8. Um kurz vor Mitternacht bremst die Polizei den Verkehr auf der Autobahn ab, damit der Schwertransporter von der Mittleren Filderstraße auf die A 8 fahren kann. „Er ist schneller unterwegs als gedacht“, so Polizeisprecher Keilbach am späten Abend.

Gegen 0.10 Uhr hat der Transporter die Autobahn bereits verlassen und ist auf der B 27 unterwegs, hat sein Ziel Fasanenhof jedoch noch nicht ganz erreicht. Dort haben sich unterdessen 100 bis 200 S-21-Gegner versammelt und die Zufahrt blockiert. Auch viele Polizisten sind vor Ort. Die Polizei hat insgesamt drei Hundertschaften für die unmittelbare Begleitung des Transports abgestellt. Es müsse aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit damit gerechnet werden, so Keilbach am Nachmittag, dass es an der Strecke zu Blockadeversuchen und anderen Aktionen kommen könne. Als kritischen Moment hatten die Einsatzkräfte dabei vor allem die Ausfahrt aus dem Hafengelände eingeschätzt, weshalb das gesamte Areal am Nachmittag für die Öffentlichkeit gesperrt wurde.

Die Polizei rechnet mit Blockadeversuchen auf der Strecke

Die Projektgegner halten den Bau des Fildertunnels für zu riskant, weil er durch „geologisch schwierigen Untergrund“ führt. Befürchtet werden etwa Schäden an Wohngebäuden. Ganz abgesehen davon sei die Gesamtfinanzierung von S 21 nicht geklärt. „Es ist absolut unverantwortlich“, sagte Matthias von Herrmann, der Sprecher der Parkschützer, „unter diesen Voraussetzungen eine Tunnelbohrmaschine aufzufahren und mit den Vortriebsarbeiten zu beginnen.“

Verantwortlich für den Transport der Tunnelvortriebsmaschine ist das Stuttgarter Unternehmen Paule. Die Spezialisten haben dabei in Absprache mit der Polizei auch die Strecke zwischen dem Stuttgarter Hafen und dem Ziel im Gewerbegebiet Fasanenhof festgelegt, die frei sein musste von zu engen Ortsdurchfahrten, nicht tragfähigen Brücken oder zu tief hängenden Leitungen, damit sich dem knapp 40 Meter langen Schwertransporter mit seinem hohen Aufbau kein Hindernis in den Weg stellt.