Turbulenzen um Chefarzt-Abgänge Alles nur eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit
Der Fall von Barbara John zeigt: Der Abbau im Krankenhaus Leonberg ist offenkundig von langer Hand geplant.
Der Fall von Barbara John zeigt: Der Abbau im Krankenhaus Leonberg ist offenkundig von langer Hand geplant.
Es ist gerade einmal gut vier Monate her, da schien im Krankenhaus Leonberg äußerlich die Welt in Ordnung. Die Mitglieder des Fördervereins überreichten der Chefärztin der Inneren Klinik ein Hightechgerät, mit dem Lebererkrankungen frühzeitig erkannt werden können. Barbara John war begeistert. Die engagierten Vereinsmitglieder um Willi Burger und Helmut Noë hatten im November noch weitere vorzeitige Weihnachtsgeschenke, darunter auch moderne OP-Schutzhelme für die Unfallchirurgie.
Die zufriedenen Mienen sind mittlerweile tiefen Sorgenfalten gewichen. Barbara John, das Gesicht des Krankenhauses, ist nicht mehr da. Statt milde Gaben zu verteilen, verfasst der Fördervereinschef Helmut Noë einen Brandbrief, in dem er größte Bedenken hinsichtlich der Zukunft der Klinik in der 50 000-Einwohner-Stadt mit ihrem großen Hinterland formuliert. Im krassen Gegensatz dazu spricht die Geschäftsführung des Klinikverbundes Südwest, zu dem Leonberg gehört, von einer „Neuausrichtung des medizinischen Angebotes, um die wohnortnahe Versorgung der Inneren Medizin zu stärken.“ Soll nach Verbesserung klingen.
Doch viele Patienten reagieren regelrecht geschockt. Unsere Redaktion haben Briefe erreicht, in der Barbara John nicht nur explizit gelobt, sondern „ihre Rückkehr und vollständige Rehabilitation“ gefordert wird. Eine Patientin berichtet, dass in der Inneren Abteilung kein Termin mehr zu bekommen sei. Eine Oberärztin hat offenbar gekündigt.
Es scheint sich zu bestätigen, was Insider der regionalen Kliniklandschaft schon länger befürchtet haben: Allen Beteuerungen zum Trotz soll Leonberg schrittweise abgebaut werden. Die blumigen Worte von der Gastroenterologie als „Leuchtturm“ entpuppen sich im Lichte der aktuellen Entwicklung als Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Denn dass eine großflächige Umstrukturierung, bei der die Fachgebiete Gastroenterologie, Onkologie, Palliativmedizin, Kardiologie und Geriatrie zusammengefasst werden, nicht von jetzt auf gleich entsteht, liegt auf der Hand.
Barbara John, das ist kein Geheimnis, hat stets für ein hochwertiges Darmzentrum in Leonberg gekämpft und hatte mit dem renommierten Bauchchirurgen Wolfgang Steurer einen kongenialen Partner. Leonberg war eine gefragte Anlaufstelle auch für viele Patienten, die weite Anreisen auf sich nahmen. Der Leuchtturm hatte Strahlkraft.
Womöglich strahlte er einigen zu hell. Denn in der Strategie des Klinikverbundes gehen alle Blicke in Richtung Flugfeldklinik. Der Neubau zwischen Böblingen und Sindelfingen soll im Betrieb das Niveau einer Uniklinik bekommen. Doch das Prestigeprojekt des Landrats Roland Bernhard verzögert sich nicht nur, sondern wird immer teurer. Dass die Hürde von einer Milliarde Euro gerissen wird, bezweifelt intern kaum jemand. Gleichzeitig hat der Klinikverbund – wie alle Krankenhäuser – massive Finanzprobleme. Das eigentlich nicht vorhandene Geld wird fürs Flugfeld benötigt. In der Hoffnung, dass dereinst die Patienten in Scharen zur neuen Superklinik strömen.
Ob diese Rechnung aufgeht, ist zumindest zweifelhaft. Top-Krankenhäuser in Stuttgart und Tübingen sind in unmittelbar Nachbarschaft. Und die wohlfeile Mär von einem starken Krankenhaus Leonberg als nördlichem Außenposten scheint spätestens jetzt nicht mehr zu gelten. Die Kliniken in Ludwigsburg, Pforzheim und natürlich in Stuttgart können sich freuen: Sie werden in absehbarer Zeit zahlreiche neue Patienten aus dem Raum Leonberg bekommen.