Stuttgart bekommt die Turn-Weltmeisterschaften 2019, was auch bei Fabian Hambüchen Freude auslöst: Der Turnstar kann sich vorstellen, seine Karriere bis 2019 zu verlängern – um dann noch einmal eine Weltmeisterschaft in Stuttgart zu bestreiten.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Schon nach den Olympischen Spielen 2012 in London war für den Turnstar Fabian Hambüchen das Karriereende ein Thema, auch wenn er das nie groß kommuniziert hat. Dann hat es ihn aber doch wieder gepackt. Bis zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 läuft seine Planung, danach wird er als Trainer im Stuttgarter Kunstturnforum einsteigen. Seit Samstag kann sich der 27-Jährige vom MTV Stuttgart aber auch vorstellen, drei weitere Jährchen dranzuhängen. Denn bei der Vergabe der WM 2019 in Melbourne hat Stuttgart den Zuschlag bekommen. „Ein Gedanke geht mir durch den Kopf: bis 2019 weiterzumachen. Eine WM in der Heimat und dann noch in Stuttgart, das ist schon was ganz Großes“, sagt Hambüchen.

 

Die baden-württembergische Landeshauptstadt setzte sich im deutsch-niederländischen Duell um die Austragung mit 21:12 Stimmen im Council des Weltverbandes FIG gegen Rotterdam durch. „Wir werden 2019 die gesamte Turnfamilie mit offenen Armen empfangen und ein guter Gastgeber sein“, sagte der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der als Teil der siebenköpfigen deutschen Delegation in Australien dabei war.

Stuttgart wird vom 4. bis zum 13. Oktober 2019 damit zum dritten Mal nach 1989 und 2007 der WM-Austragungsort sein. Die Titelkämpfe vor acht Jahren haben einen Maßstab für Turnveranstaltungen gesetzt. Die Schleyerhalle war seinerzeit beispielsweise nicht nur gut gefüllt und stimmungsvoll, wenn die Deutschen an die Geräte gingen – was ein großer Unterschied zu vielen anderen Titelkämpfen ist.

Hambüchen ist voll des Lobes für Stuttgart

„Es ist sehr angenehm hier zu turnen. Die Leute sitzen nicht kilometerweit weg, alles ist sehr nahe und zentral“, sagt Fabian Hambüchen. Neben der Schleyerhalle liegen eben gleich noch die Porsche-Arena und das Kunstturnforum als Einturn- und Trainingshallen. Und der Neckarpark bietet auch Unterkunftsmöglichkeiten. „Wir stehen mit unseren starken Partnern Stadt, Land und Schwäbischer Turnerbund für qualitativ hochwertige Veranstaltungen“, sagt Rainer Brechtken, der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB).

Stuttgart ist die deutsche Turnhauptstadt – ja vielleicht sogar die europäische. Der seit mehr als 30 Jahren ausgetragene DTB-Pokal ist eines der wichtigsten Turniere überhaupt, das Kunstturnforum zählt zu den besten Trainingszentren des Kontinents. Der Stuttgarter Cheftrainer ist der hoch angesehene Valeri Belenki, der am Samstag in Oklahoma City als sechster Deutscher in die „Hall of Fame“ (die Ruhmeshalle des Turnens) aufgenommen wurde. Mit seinem exzellenten Netzwerk hat er genau wie der DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam als FIG-Exekutivmitglied oder auch Fabian Hambüchen wichtige Vorarbeit für die Vergabe der WM 2019 nach Stuttgart geleistet.

Vorfreude auf die WM 2019 vor der eigenen Haustür

Laut Rainer Brechtken überzeugte „unser Konzept auch mit dem parallel zur WM stattfindenden Kongress für Bewegung für alle“. Nachhaltigkeit ist das Stichwort: 2007 nutzten der DTB und der württembergische Landesverband STB die damaligen Titelkämpfe zur Gründung der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg zur Verbesserung der motorischen Grundlagenausbildung. 2019 soll der Gesundheitssport im Alter in den Fokus rücken. „Es geht bei so einer WM um das Event, aber immer auch um die Menschen selbst: Wie wollt ihr gesund alt werden?“, sagt Rainer Brechtken.

Die deutschen Spitzenathleten freuen sich schon jetzt auf die Weltmeisterschaften in gewohnter Umgebung. „Eine WM vor der eigenen Haustüre zu haben, das habe ich mir schon immer gewünscht – jetzt wird es Wirklichkeit“, sagt der Backnanger Sebastian Krimmer vom MTV Stuttgart. Fabian Hambüchen kann ja schon auf Erfahrungswerte von vor acht Jahren zurückgreifen: „Fragen Sie mal Thomas Andergassen nach der WM 2007, da kriegt der heute noch feuchte Augen“, sagt der Hesse.

Seinerzeit gewannen die beiden mit dem deutschen Nationalteam nach zähen Jahren Bronze – es war die erste Medaille im Mannschaftswettbewerb seit 1991. Fabian Hambüchen selbst feierte mit Gold am Reck und Silber im Mehrkampf in Stuttgart seine bis heute größten Erfolge neben Silber am Reck bei Olympia 2012. Da wäre die WM 2019 ja die perfekte Gelegenheit, um den Kreis mit einem letzten Ausrufezeichen zu schließen: „Mit 32 nochmal Reckweltmeister, das wäre schon was.“