Vorstandswechsel beim tus: Gernot Piberger ist der neue Vorsitzende von Stuttgarts viertgrößtem Sportverein. Bis dato lenkte Josef Maier fast 20 Jahre lang die Geschicke des Vereins. Ganz freiwillig hat er den Thron nicht geräumt.

Degerloch - Vermutlich haben sich die Zeiten geändert und damit auch die Arbeitsweisen. So versucht Gernot Piberger den Umschwung beim Turn- und Sportbund Stuttgart (tus) zu erklären. Der 50-Jährige ist der Neue an der Spitze des tus. Vor wenigen Wochen wurde er bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen zum Vorsitzenden des Sportvereins gewählt. Josef Maier, der die Geschicke des tus bis dato fast 20 Jahre lang gelenkt hat, ließ sich bei dieser Wahl nicht ganz freiwillig vom Thron stoßen. „In der bisherigen Konstellation war eine Zusammenarbeit aber nicht mehr möglich“, sagt Piberger.

 

Der Freiberufler in der IT-Branche ist seit fast 25 Jahren Mitglied in Stuttgarts viertgrößtem Sportverein, der derzeit rund 4800 Mitglieder zählt. Seit vielen Jahren spielt er in einer Mannschaft der Badminton-Abteilung. 2012 wurde der Filderstädter mit Thuy Pham als Stellvertreter zu Josef Maier und dessen langjährigem Vorstandskollegen Georg Kranz in das Vorstands-Vierergespann gewählt. Damals sei es der Plan gewesen, den Vorstand zu verjüngen, erklären Piberger und der tus-Geschäftsführer Gunnar Höckel. Maier und Kranz hatten zu dieser Zeit angekündigt, dass sie ohnehin langsam ans Aussteigen denken würden.

Josef Maier Foto: FACTUM-WEISE

Was sich anschloss, waren laut Gernot Piberger zwei Jahre, in denen es im Vorstand nicht besonders gut gelaufen ist. „Wir hatten uns das anders vorgestellt“, sagt er und meint damit sich und Thuy Pham. Sie wollten sich einbringen, am Ende entschied Josef Maier aber meist alles selbst, so lässt es Piberger anklingen.

Josef Maier blickt ähnlich unzufrieden zurück: „Das Beste an den vergangenen zwei Jahren ist, dass sie vorbei sind“, wiederholt er seine Worte von jener Vorstandssitzung, bei der er sich schließlich gar nicht mehr zur Wahl stellte, da ihm klar war, dass er nicht mehr gewählt werden würde. Er bestätigt, dass er die Entscheidungen seit 2012 fast gänzlich allein getroffen habe. Jedoch sei dies aus seiner Sicht notwendig gewesen, weil sich die anderen Vorstandsmitglieder nicht eingebracht hätten. „Alle vier bis sechs Wochen hätte sich der Vorstand treffen sollen“, sagt der 66-Jährige. Bei den Treffen hätte man alle anstehenden Themen gemeinsam diskutiert, so sei es die 18 Jahre zuvor gelaufen. Faktisch ist es laut Maier in zwei Jahren zu vielleicht vier Vorstandssitzungen gekommen. Warum die anderen nicht zusammensitzen wollten, wisse er nicht.

Josef Maier hat den Verein aus der Krise geführt

Gernot Piberger und Geschäftsführer Gunnar Höckel wollen nicht nachtreten, sagen sie. Josef Maier habe über Jahre Wertvolles für den Verein geleistet. „Das unterschreiben alle Mitglieder“, sagt Piberger. Gunnar Höckel stößt ins gleiche Horn: „Er hat jahrzehntelang gute Arbeit geleistet. Als wir wegen Finanzlöchern in der Krise steckten, war er der Mann, der uns aus dem Loch herausgeführt hat“, erzählt Höckel. Am Ende sei es nur seine nicht mehr ganz so zeitgemäße Arbeitsweise gewesen, die die Mitglieder dazu gebracht habe, mit ihm, Thuy Pham sowie Lisa Fried und Dominik Samol ein moderneres Vorstandsteam zu wählen, so erklärt es der neue Vorsitzende Piberger.

Gernot Piberger Foto: privat
Auch Josef Maier blickt stolz darauf zurück, was er geleistet hat und geht „erhobenen Hauptes“, wie er sagt. Die Mitgliedschaft beim tus habe er zwar gekündigt, weil er nicht aktiv Sport im Verein treibe, böse sei er im Nachhinein aber nicht. „Die Wahl ist absolut korrekt gelaufen“, sagt er. Bislang seien trotz der 4800 Mitglieder nie mehr als 20 zur Versammlung erschienen. Diesmal hätten es die neuen Vorstände geschafft, 120 Mitglieder zum Kommen zu mobilisieren. Mit welchem Ziel sei klar gewesen. Ob man von einer Verschwörung reden muss, sei aber dahingestellt, sagt Maier. Er genieße die nun gewonnene freie Zeit mit Reisen, sagt der Schulleiter in Pension abschließend.

Gernot Piberger blickt trotz des nicht ganz so glücklichen Starts optimistisch in die Zukunft. Dem Verein gehe es gut, auch wenn es die eine oder andere Baustelle gebe. Wie etwa die Sanierung der Ruth-Endress-Halle. In dieser hatte es vor rund einem Jahr einen Wasserschaden gegeben. Sein Ziel sei es, sagt Gernot Piberger, den Verein am Leben zu halten, und zwar mit einer gesunden Balance zwischen den ursprünglichen Vereinsaufgaben und dem Fitness-Studio, das dem tus einfach das nötige Geld bringe.