Die Auswertung unserer Debat-O-Meter-Umfrage zeigt, dass der SPD-Kanzlerkandidaten in der Fernsehdebatte mit Angela Merkel (CDU) vor allem einen starken Moment hatte.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Gute neunzig Minuten debattierten Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) im „TV-Duell“. Was waren die Tops und Flops der Debatte? An welchen Stellen konnten die Kanzlerin und ihr Herausforderer punkten, welche Argumente stießen auf Ablehnung im Publikum?

 

Mehr als 20000 Menschen haben sich am Sonntagabend am Debat-O-Meter beteiligt, einer Livebefragung unserer Zeitung und vieler anderer Medien in Kooperation mit der Universität Freiburg. Mit dem Debat-O-Meter können die Zuschauer über die Tasten des Smartphones oder des Computers mit „doppel-plus“, „plus“, „minus“ und „doppel-minus“ jederzeit während Diskussion eine Einschätzung der Kandidaten abgeben – und sie taten es mit deutlich erkennbaren Ausschlägen.

Merkel erhält Zustimmung für „Null-Toleranz“-Ankündigung

Den besten Wert bei allen Teilnehmenden erzielte Angela Merkel im Themenfeld Migration, als sie eine „Null-Toleranz“ gegenüber einem nicht mit dem Grundgesetz konformen Islam versprach. Ihr schlechtester Wert war im Themenfeld Außenpolitik zu beobachten, als Sie ausführte, dass eine völkerrechtliche Verpflichtung zum Familiennachzug von Flüchtlingen bestehe und Deutschland diesbezüglich noch Nachholbedarf aufweise auch die Unentschlossenen lehnten diese Aussage stark ab.

Für die Gruppe der Unentschlossenen hatte Merkel ihre beste Stelle bei der inneren Sicherheit, als sie ein klares Nein gegen Terrorismus formulierte und für eine freiheitliche Lebensweise eintrat.

Islam-Äußerung von Schulz erzielt schlechten Wert

Die besten Werte für Martin Schulz waren ebenfalls im Themenbereich Migration zu sehen: Erstens als er ausführte, dass Personen, die im Namen der Religionsfreiheit andere Grundrechte einschränken wollten, „in Deutschland nichts verloren“ hätten. Und zweitens als er ankündigte, als Bundeskanzler die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen. Diese Einschätzung teilten alle Teilnehmenden und auch die Unentschlossenen.

Abgelehnt wurde durch die Teilnehmer der Angriff auf Merkel im Themenfeld Innere Sicherheit, als Schulz die Kanzlerin des „schwarzen oder roten Peterspiels“ bezichtigte. Die CDU-Vorsitzende hatte dem SPD-Chef unter anderem vorgeworfen, dass in Bundesländern mit rot-grünen Regierungen die Ausstattung der Polizei schlechter sei als in anderen Ländern. Seinen schlechtesten Wert erhielt Schulz von den Unentschiedenen, als er den Islam als eine Religionsgemeinschaft „wie jede andere auch“ bezeichnete.

Vor der Sendung sind noch viele unentschieden

Der Debat-O-Meter ist keine repräsentative Befragung. Die Abstimmungsergebnisse hängen stark davon ab, welche Bürger sich für eine Teilnahme entscheiden. Bei der Vorbefragung zum TV-Duell sagten beispielsweise rund 26 Prozent der Teilnehmer, dass sie bei der Bundestagswahl voraussichtlich CDU wählen werden, rund 19 Prozent die SPD. Knapp ein Viertel der Teilnehmer sagte, sie seien noch unentschlossen. Die Vorlieben für die Kandidaten waren vor der Sendung eindeutig verteilt: 46 Prozent sagten, sie würden sich für Merkel entscheiden, wenn sie den Bundeskanzler direkt wählen könnten. 32,4 Prozent nannten Schulz.

Der SPD-Kandidat überzeugt viele Unentschlossene

Nach der Sendung gab es keinen eindeutigen Gewinner: Die Frage, wen die Umfrageteilnehmer als Sieger des TV-Duells sehen, führte zu einem Patt: 38,9 Prozent sagten, Merkel habe die Fernsehdebatte gewonnen. 40,3 Prozent nannten Schulz als Gewinner. Für 20,8 Prozent gab es keinen klaren Sieger.

Folgt man den Werten des Debat-O-Meters, dann können beide Kandidaten durch ihren Fernsehauftritt bei den Wählern zulegen. Die Werte für Sympathie, Glaubwürdigkeit und Kompetenz liegen nach der Sendung bei beiden höher als vor der TV-Debatte. Schulz profitiert hier stärker, wenngleich er über alle Teilnehmenden gesehen hinter der Kanzlerin bleibt.

Inhaltlich überzeugte Merkel die Mehrheit der Abstimmenden über fast alle Themenfelder hinweg – von der Außen- über die Sozialpolitik bis zur Inneren Sicherheit. Schulz gewann nur einmal, im Themenfeld Migration. Der SPD-Kanzlerkandidat kann sich allerdings damit trösten, dass er inhaltlich bei denjenigen, die sich vor der Sendung zu den Unentschlossenen zählten, besser abschnitt als die Kanzlerin.