Die Klassiker unter den alten Quiz- und Spielformaten sind nicht totzukriegen: Jetzt kehrt „Dalli Dalli“, das im NDR seine erfolgreiche Neuauflage erlebt hat, mit Moderator Kai Pflaume ins Abendprogramm zurück.

Hamburg - Den meisten Zeitgenossen – vorausgesetzt sie sind alt genug – fällt zum Stichwort „Dalli Dalli“ vermutlich ein Luftsprung ein. Wenn die Studiozuschauer eine Leistung für besonders gelungen hielten, konnten sie auf einen Knopf drücken. Dann ertönte eine Sirene, Hans Rosenthal hüpfte in die Luft und rief dabei: „Sie sind der Meinung: Das war – Spitze!“ Rosenthal war einer der populärsten Moderatoren der deutschen Fernsehgeschichte. Fünfzehn Jahre lang, bis 1986, hat der Berliner die Sendung präsentiert. Ihr Erfolg war so eng mit seiner Person verknüpft, dass das ZDF knapp zehn Jahre später eine von Andreas Türck moderierte Neuauflage im Nachmittagsprogramm mangels Erfolg wieder einstellen musste.

 

Nun kehrt „Dalli Dalli“ in die Hauptsendezeit zurück, aber nicht etwa im ZDF. Seit drei Jahren läuft die Rateshow im dritten Programm des NDR, am 27. September erlebt sie mitsamt ihrem Moderator Kai Pflaume ihre Premiere im Ersten. Der ARD ist damit womöglich ein echter Coup gelungen. Allein im Sendegebiet des NDR hat die Sendung regelmäßig bis zu 1,5 Millionen Zuschauer. Bundesweit dürften es gut und gern drei mal so viele werden, denn die moderat modernisierte Show ist eine ausgesprochen kurzweilige Mischung aus Quiz (unter Zeitdruck Begriffe zu einem Thema nennen) und harmlos-heiteren Aktionsspielen. Außerdem macht Kai Pflaume seine Sache gut. Er sieht sich ausdrücklich in der Tradition Rosenthals und möchte dem Wahlspruch des zu seiner Zeit außerordentlich beliebten Moderators treu bleiben: „Spiel, Spaß und Spitze!“ Klar, dass auch Pflaume den Luftsprung macht.

In der Neuauflage werden sich laut ARD acht Prominente in vier Zweier-Teams einen „temporeichen Wettkampf mit verrückten Spielen und Quizrunden auf der berühmten Dalli-Tonleiter oder beim legendären Dalli-Klick" liefern. Der Erlös wird wie schon beim NDR der Hans-Rosenthal-Stiftung zugute kommen.

Es geht sogar um einen guten Zweck

Auch beim „Familien-Duell“ geht es um einen guten Zweck. Während das ZDF keinerlei Pläne für vergleichbare Comebacks von Quizklassikern hat, beweist RTL, dass heute nicht schlecht sein muss, was früher mal gut war: Elf Jahre, von 1992 bis 2003, bescherte Werner Schulze-Erdel dem Sender mit seinem „Familien Duell“ herausragende Vormittagsquoten. Für die Premiere in der Hauptsendezeit blieb RTL dem aus Amerika importierten Konzept weitgehend treu, doch nun treten prominente RTL-Gesichter und ihre Freunde gegeneinander an, um zu erraten, wie hundert Personen Fragen wie „Wofür geben Männer das meiste Geld aus?“ beantwortet haben. Gastgeber ist Daniel Hartwich, der bei dem Privatsender mittlerweile als Mädchen für alles fungiert und zur etwas stromlinienförmigen Riege von Moderatoren gehört, die ihre Aufgaben vor allem unfallfrei erledigen, aber kaum in die Fernsehgeschichte eingehen werden. Die bisherigen „Familien Duelle“ lagen bei 16 Prozent in der für RTL maßgeblichen Zielgruppe der Zuschauer zwischen 14 und 59 Jahren.

Ute Biernat hat schon lange gewusst, dass die Rückkehr der Spielshows ins Abendprogramm nur eine Frage der Zeit sei. Ihre Firma Grundy Light Entertainment ist zwar in erster Linie für Quotenbringer wie „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS“) oder „Das Supertalent“ bekannt, produziert aber zum Beispiel auch den Dauerbrenner „Sag die Wahrheit“ (SWR Fernsehen) sowie das „Familien Duell“. Der Mensch sei nun mal ein homo ludens, meint die international gefragte Fachfrau für leichte Fernsehunterhaltung. „Uns war wichtig, dass die neue Version das Flair des Klassikers behält und die Sendungen zugleich modern produziert sind. So konnten sich die Zuschauer auf Altbewährtes freuen und sich trotzdem überraschen lassen.“ Biernat hätte nichts dagegen, wenn auch beliebte TV-Marken wie „Geh aufs Ganze!“, „Ruck Zuck“ oder „Der Preis ist heiß“ auf die Bildschirme zurückkehrten.

Das Abendprogramm birgt Risiken

Das kann sich auch Gerd Hallenberger vorstellen. Der Marburger Medienwissenschaftler und Autor des Buches „Hätten Sie’s gewusst?“, eines Klassikers über das Genre, ist ebenfalls nicht überrascht, dass die Sender plötzlich ihre Spielshow-Old/ reanimieren: „Wenn ein Showkonzept einmal einen Nerv getroffen hat, dann bleibt sein Kern zeitlos und lässt sich problemlos in die Neuzeit übertragen.“ Die alten Formate hätten zudem zwei entscheidende Vorteile: „Es ist viel einfacher, eine bereits eingeführte Marke an den Zeitgeist anzupassen, als eine neue zu entwickeln. Außerdem ist das Risiko ungleich überschaubarer.“ Schwieriger findet der Unterhaltungsfachmann dagegen den Transfer ins Abendprogramm: „Die Latte liegt heutzutage ohnehin wesentlich höher, aber in der Primetime muss eine Show zudem wesentlich greller, lauter und teurer als früher im Nachmittagsprogramm oder am Vorabend sein.“

Richtig sei aber, dass Sendungen wie „Familien-Duell“ oder „Dalli Dalli“ für eine friedliche Form des Fernsehens stehen. Viele Zuschauer, sagt Hallenberger, „mögen die Krawallshows nicht. Die alten Formate dagegen bieten ihnen eine ruhigere, verlässliche Form der Unterhaltung.“ Darin ähneln sie dem modernen Klassiker „Wer wird Millionär?“, den selbst der Moderator Günther Jauch freimütig als „Steinzeitfernsehen“ bezeichnet.