In ihrer neuen Late-Night-Show „Studio Amani“ auf Pro Sieben wirft Enissa Amani ihren Zuschauern Torten ins Gesicht. Das macht sie im Gegensatz zu allem anderen richtig gut.

Stuttgart - Soll man es kokett nennen, wenn die Gastgeberin einer neuen Show ihr Publikum mit den Worten begrüßt „Ihr Lieben, ich schwöre, ich habe keinen Plan“? Grob fahrlässig ist es auf jeden Fall schon, wenn sich dann herausstellt, dass der neue Pro-Sieben-Stern am Late-Night-Himmel tatsächlich genau das nicht hatte: einen Plan. Kopf- und konturlos stolperte Enissa Amani durch die erste Ausgabe von „Studio Amani“, an der am späten Montagabend allein der Marktanteil von selten hohen 16,8 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern positiv auffiel.

 

Erwartungen beinahe messianischen Ausmaßes waren der Premiere vorausgegangen. Die Frau, die von sich sagt, „gegen mich klingt Heidi Klum wie ein Nebelhorn“, würde auf Pro Sieben Stefan Raab „beerben“, hieß es hier und dort. Der Sender und Amani selbst haben das klugerweise als Quatsch weit von sich gewiesen. Dem TV-Pensionär hat Amani zumindest indirekt ihren Sprung in die höhere Fernsehliga zu verdanken. Sie fiel zu „TV Total“-Zeiten mehrfach bei Raab auf mit kleinen Stand-ups, in denen sie sich lustig machte über die eigene Biografie: geboren in Teheran, aufgewachsen in Frankfurt am Main, gelitten unter einer feministischen Mutter, vom Vater geknechtet mit dem „Kommunistischen Manifest“, und die Nase natürlich operiert wie angeblich bei allen Perserinnen.

Multikulti-Themending

Dieses Multikulti-Themending „Deutsche mit Migrationshintergrund sind so und so und Deutsche ohne ,so Busfahrplan, Alter’“ gehört zum Repertoire der Iranisch-Deutschen, seit sie vor drei Jahren erstmals die Comedybühne betrat. Ob Amani seither nichts Neues eingefallen ist? In „Studio Amani“ wärmt sie das Studiopublikum erst mal mit der Frage auf: „Haben wir Kanaken da?“, um dann zu dozieren, warum dieser Begriff so „schwierig“ ist, sie ihn aber trotzdem gerne benutzt, auch wenn er rassistisch ist.

Einmal auf der politischen Ebene der Show angekommen, was sie ja laut Ankündigung auch sein soll: politisch, tagesaktuell, mit Haltung etcetera, rumpelt die Moderatorin („Apropos rassistisch“) zu Donald Trump hinüber. Witze über die Frisur des US-Präsidentschaftskandidatenschrecks haben zwar einen XXL-Bart, aber was schert es Amani, und schon krault sie in ihrem Schoß Trumpy, das Meerschweinchen, dessen Fell, na, Sie wissen schon.

Mit ihrem Premierengast weiß sie nichts anzufangen

Von der vorab viel gerühmten Intellektualität und Wortgewandtheit der ehemaligen Literaturstudentin waren in „Studio Amani“ in der Tat Spurenelemente zu entdecken. Amani streute souverän schwierige Wörter ein wie „klassifizieren“ und „latent“. Überraschend böse umgesetzt auch die Idee, dass die Ex-QVC-Moderatorin Amani im Set eines Shoppingkanals in Flaschen abgefüllt „Menschlichkeit“ und „Intelligenz“ gegen „Anti-Clausnitz“ zum Vorteilspreis von nur 29,99 Euro feilbietet.

Doch wie ausgebremst und sprachlos wirkte sie, als sie sich ihrem Premierengast zuwenden sollte. Mit dem Schauspieler und Werbeträger Antoine Monot jr. wusste Amani schlicht nichts anzufangen. Monots Versuch, mit einer Nachkritik über den Auftritt des Bundesjustizministers bei „Anne Will“ politisch zu werden, blockte sie ab und amüsierte sich stattdessen wie ein aufgeregtes Huhn bei dem blöden Spiel, ausgewählten Zuschauern eine Torte ins Gesicht zu katapultieren.

Wenn es bloß Amanis eigenes Antlitz gewesen wäre, das hätte ja noch irgendwie Witz gehabt. Vor fast zwölf Jahren wurde über die deutsche Late-Night-Pionierin Anke Engelke unfassbarerweise ernsthaft diskutiert, ob eine Frau noch so spät wach sein, geschweige denn die Welt erklären kann. Himmel, vor „Studio Amani“ hätte man sich gewünscht, diesen alten Käse nicht mehr anschneiden zu brauchen.