Das ZDF sucht in der neuen Folge der Reprotagereihe „37 Grad“ nach der Zufriedenheit im Alter. Vier Senioren erzählen in „Der Rest ist Glückssache“ von Kummer und Seligkeit. Und zeigen viel Humor im Umgang mit diversen Altersschwächen.

Stuttgart - Der Wahlspruch der Achtzigjährigen? Rösli Völker ist zwar erst 77 Jahre alt, kennt ihn aber schon: „Oben klar und unten dicht, lieber Gott, mehr brauch ich nicht!“ Sie muss dann herzhaft lachen, und doch werden einem in der „37 Grad“-Reportage mit dem doppeldeutigen Titel „Der Rest ist Glückssache“ Ernst und Sorge hinter dem Spott schnell klar. Die Filmemacherinnen Julia Knopp und Hanna Fischer sind der Zufriedenheit im Alter auf der Spur, und die ist eben stark von der Gesundheit abhängig.

 

Das haben die vier Senioren, die hier Einblick in ihre Lebensgestaltung geben, gemein: Sie sind sich der Gefährdung ihrer Selbstbestimmtheit sehr bewusst. Und die meisten gehen mit beeindruckendem Humor mit der nachlassenden Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ihres Körpers um. „Früher waren wir jung und knackig“, scherzt Rösli Völkers 78-jähriger Ehemann Joachim, „und jetzt sind wir nur noch knackig. Es knackt hier, es knackt da . . .“

Ein Alphawolf wacht auf

Der ehemalige Gymnasialdirektor Hubertus Mangold versucht, das Knacken auf ein Minimum zu beschränken. Er treibt mit 83 Jahren noch so regelmäßig Sport wie das ganze Leben zuvor, ist sogar Trainingsleiter einer Sportgruppe, deren teils 30 Jahre jüngere Mitglieder ihm seiner Autorität und seines Antriebswillens wegen den Spitznamen „Alpha plus“ verliehen haben.

Der Alpha-Wolf Mangold hält nichts von ein bisschen Armwedeln hie und Hüftwackeln da. Er peitscht das Fitnessprogramm der Fremdenlegionäre durch, und mit bloßer Pflichterfüllung ist er nicht zufrieden. Erwischt er einen, der bei den Übungen zu verbissen schaut, erteilt er sofort einen Zusatzbefehl: „Lächeln!“ Das ist keine Schikane, das weist auf die andere Seite dieses Mannes, den man nicht als Leistungsfanatiker missverstehen sollte. Fitness ist für ihn die nötige Basis für alles andere.

So bekennt er ansteckend enthusiastisch und tatendurstig: „Wenn ich morgens aufwache, dann freu ich mich und sag: Mensch, Mangold, heut wieder ein Tag! Heut wird wieder irgendwas erledigt, du kannst jemanden einen Gefallen tun, du kannst alles machen.“

Gefühl der Nutzlosigkeit

Eine solche Vielfalt der Optionen kann der 94-jährige Friedrich Kremer für sich nicht mehr in Anspruch nehmen. Er ist ins Heim umgesiedelt, als Kraft und Wille zur Selbstversorgung nachließen. Nach 60 Jahren Ehe ist seine Frau gestorben, diesen Schlag hat er auch 13 Jahre später noch nicht verwunden. Ganz einer Rollenverteilung von einst verhaftet, klagt der ehemalige Versicherungsangestellte: „Solange die Frau da ist, hat man zu sorgen. Und die fehlt jetzt. Ich bin doch nutzlos.“

Zwischen Kremers Trübsal und der Zuversicht der Völkers liegen Welten. Das Paar aus Sinsheim besucht regelmäßig als Gasthörer Vorlesungen in Geschichte und katholischer Theologie an der Universität Heidelberg. „Es gibt einfach Dinge, die wir gerne noch wissen wollen, über die wir mehr erfahren wollen. Es gäbe noch vieles, aber die Zeit ist beschränkt“, sagt Rösli Völker.

Bereit für den Tod

Als sie Joachim vor beinahe einem halben Jahrhundert kennengelernt hat, war sie evangelische Entwicklungshelferin und Krankenschwester in Ghana. Er war noch Mönch – ungefähr bis zu dem Abend, als er bei einer Tanzveranstaltung mit ihr auf den Balkon hinauswalzte, wo sie allein waren: „Da kam dann“, kichert Rösli zufrieden, „der erste Kuss.“ Doch nicht nur nach hinten schauen die beiden, auch nach vorne: „Wir sind eigentlich bereit“, sagen sie mit Blick auf den Tod, eine Haltung, die auf traurigere Art auch Friedrich Kremer hat.

Gewiss, „Der Rest ist Glückssache“ bietet keinen Gesamtüberblick übers Altwerden in unserer Gesellschaft. Die Protagonisten sind materiell abgesichert, Altersarmut, der große Glückszerstörer, kommt hier nicht vor. Aber diese Blickverengung ist einer halbstündigen Reportage natürlich erlaubt. Schließlich gibt es in der alternden Republik auch einige abgesicherte Senioren, die ohne Not unzufrieden durchs Alter grummeln – und hier Anregungen zum Umdenken finden könnten.

Ausstrahlung: ZDF, 27. 11.2018, 22.15 Uhr. Bereits am Ausstrahlungstag ab 8 Uhr in der Mediathek.