Wer schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, der hat im Kino und Fernsehen Mantel- und-Degen-Filme statt „Star Wars“ gesehen. Arte zeigt eine modernisierte Liebeserklärung an die Musketier-Filme: In „D’Artagnans“ Tochter kämpft eine Frau die Männer nieder.

Stuttgart - Die Kinder von heute kann man mit den schlichten Degen der drei Musketiere nicht mehr beeindrucken. Neben den Lichtschwertern der „Star Wars“-Mythologie wirken die Waffen von D’Artagnan und seinen Gefährten so uncool wie gesunde Pausenbrote neben irgendwelchen giftmüllfarben leuchtenden Slurpies. Früher aber ritzten die Degen Traumfahrpläne in die Hirnrinden von Erwachsenen und Kindern. Besonders gern ließ das französische Kino kecke Helden für Gerechtigkeit, Wahrheit und die Liebe fechten.

 

Ein Sklave kann fliehen

Ab und an wurde die Trauer über das Verschwinden dieser Abenteuer so groß, dass ein Regisseur oder Produzent einen Neustart wagte. 1994 ließ auch Bertrand Tavernier, einer der vielseitigsten Meister des französischen Kinos, die Leinwandmärchen einer früheren Epoche wieder aufleben. Nur setzte er nicht einfach die drei Musketiere noch mal aufs Pferd, er wählte einen moderneren Blick und Zugang, wie schon der Titel verrät: „D’Artagnans Tochter“.

Arte hat Taverniers Mischung aus Verehrung und Verkehrung der alten Geschichten nun ausgegraben. Gleich anfangs kann man sehen, wie der Film Action und Hintersinn mischt. Ein halbnackter schwarzer Mann mit schweren Handfesseln flüchtet da durch einen nächtlichen Wald, verfolgt von einer anfangs noch fernen Reitertruppe. Wie alle durch dichte Nebelschwaden hasten, geht es zwar konkret ums Ganze, um Freiheit oder Leib und Leben. Zugleich aber scheinen sie da aus den Nebeln der Popkulturgeschichte aufzutauchen, scheinen sich aus der unklaren Verschwommenheit vager Erinnerung ins klarere Licht des Hier und Jetzt durchzukämpfen.

Knurrig und knitz

Es wird kein schöner Anblick, als Flüchtender und Verfolger die Nebel hinter sich haben und in einem Nonnenkloster ankommen. Die adligen Geschäftemacher und ihre Truppe stürmen das Kloster, als befänden sie sich im Krieg. Sie pfeifen auf Kirchenasyl, Anstand und Menschlichkeit, sie wollen ihren Sklaven zurück und morden dafür auch.

Dieser böse Ton zieht sich durch den heiteren Film: Tavernier verachtet die Adligen, die Geschäftemacher, die Herrschenden. Eloise, die Tochter des Fechtmeisters D’Artagnan, erlebt den Überfall im Kloster mit, reitet nach Paris zu ihrem Vater, der kein junger Held mehr ist, sondern ein in Ungnade gefallener alter Zausel. Sophie Marceau, frisch, forsch, augenblitzend, und Philippe Noiret, knurrig, knitz und abgebrüht, geben ein wunderbares Paar ab. Und noch einmal genügen Mut, ein spitzer Degen und eine scharfe Zunge, um die Bösen zu besiegen.

Ausstrahlung: Arte, Sonntag, 26. April 2020, 20.15 Uhr. Weitere Sendetermine Montag, 4. Mai 2020 um 13.45 Uhr und Freitag, 22. Mai 2020 um 13.40 Uhr.