Sehr glaubhaft erzählt „Ein Wochenende im August“ im Ersten von einer außerehelichen Affäre. Nadja Uhl und Carlo Ljubek glänzen in den Hauptrollen.

Stuttgart - Es ist immer schön, wenn sich ein Film auf verschiedene Arten lesen lässt. Auf den ersten Blick erzählen die Autorin Katharina Amling und die Regisseurin Esther Gronenborn („Alaska.de“) mit „Ein Wochenende im August“ eine klassische Liebesgeschichte: Dorfgrundschullehrerin Katja (Nadja Uhl), glücklich verheiratet, lernt zufällig den Reisejournalisten Daniel (Carlo Ljubek) kennen. Der Gatte (Thomas Limpinsel) ist übers Wochenende bei einer Tagung, die Tochter (Amelie Herres) mit einer Freundin zelten, außerdem haben gerade die Sommerferien begonnen - Gelegenheit macht Liebe.

 

Die Rockerin kommt wieder hoch

Gronenborn und Kamerafrau Birgit Gudjonsdottir illustrieren diese Ebene mit traumhaft schönen Bildern. Gedreht wurde in der Lüneburger Heide, viele Luftaufnahmen lassen den Film in prachtvollen lilafarbenen Erikateppichen schwelgen. Mit ähnlicher Hingabe erfreut sich die Kamera an der ausgelassen durchs Haus tanzenden Hauptdarstellerin: Die sommerliche Bräune lässt Nadja Uhls Augen noch blauer strahlen als sonst. Kostüm und Ausstattung sind das Ergebnis eines durchdachten Farbkonzepts, das ein stimmiges, behagliches Gesamtbild ergibt.

All’ das aber ist bloß die eine Seite. „Ein Wochenende im August“ ist mehr als bloß eine schön gespielte Sommerliebelei, denn Daniel rührt an einen wunden Punkt: Der Weltenbummler berichtet von seinen Reisen und ruft damit Erinnerungen in Katja wach. Die Lehrerin war einst Mitglied einer Rockgruppe, war sogar an der amerikanischen Ostküste auf Tournee, hat sich dann aber für ein geregeltes Dasein entschieden. Nun erwacht ungestillte Sehnsucht. Amlings Geschichte liefert auch ein Fallbeispiel für die Theorie der Psychologin Bljuma Zeigarnik, Unerledigtes bliebe stärker im Gedächtnis als zu Ende Gebrachtes: weil aufgebaute Spannung nie abgebaut wurde.

Eine spontane Affäre

Der Film ist allerdings weit davon entfernt, zum Psychologieseminar zu werden. Amling und Gronenborn lassen diese Ebene nur im Subtext mitschwingen, selbst wenn die Sehnsucht deutlich in Nadja Uhls Gesicht zu erkennen ist. Dass die Lehrerin sich auf die Affäre einlässt, schildert der Film glaubwürdig: Bei der ersten Begegnung, als Katja durch die Heide nach Hause radelt, macht der Fremde zu ihrem großen Ärger ungefragt Fotos von ihr. Kurz drauf steht er vor der Haustür und weckt nun doch ihre Neugier. Daniels Bitte, im Garten ein Zelt aufbauen zu dürfen, lehnt sie erst ab, dann erlaubt sie’s doch; seine Einladung zum Abendessen nimmt sie ebenfalls an.

Der Reisejournalist beschreibt, wie lebendig er sich fühlt, seit er vor einigen Jahren seine Wurzeln gekappt hat, sie erzählt von ihrer Zeit als Musikerin. Seine Frage, ob sie es nie bereut habe, ihren Traum aufzugeben, beantwortet sie mit nein; ihr Gesicht sagt etwas anderes.

Widersprüchliche Gefühle

Richtig ernst wird die Affäre, als sich der Wanderer tags darauf schon wieder auf den Weg gemacht hat und sie ihn an einem See in der Nähe einholt. Nun wandelt sich der Film zur romantischen Komödie: Erst bricht Nadja ein bisschen in Panik aus, weil eine ihrer Schülerinnen samt Eltern an den See kommt, dann muss sie Daniel vor ihrer Schwiegermutter (Gitta Schweighöfer) verstecken. Spätestens der lyrisch gefilmte Unterwassertanz des Paares lässt keinen Zweifel daran, wie stark sich die beiden zueinander hingezogen fühlen.

Trotz der eher überschaubaren Handlung gelingt es dem Film mehrfach, widersprüchliche Gefühle ganz ohne Worte mit einer einzigen Einstellung zu verdeutlichen. So ist „Ein Wochenende im August“ auch dank der schönen zärtlich-sanften Musik (Gert Wilden jr.) ein immer wieder durch kleine komödiantische Einlagen ergänzter Film voll unbeschwerter Lebensfreude, in dem die Heldin schließlich vor der gleichen Entscheidung steht wie vor gut zwanzig Jahren: gehen oder bleiben?

ARD, 3. August 2019, 20.15 Uhr