„München Mord“ ist eine der besten Krimireihen des ZDF. Die schön lässig inszenierte Episode „Leben und Sterben in Schwabing“ liefert den Abgesang auf die Legende vom urig-alternativen Münchner Stadtteil.

München - Man muss Schwabing nicht lieben, um diesen Film genießen zu können; man muss es nicht mal kennen. Aber wer sich noch an das wegen seiner Lässigkeit verklärte Schwabing von früher erinnert, und sei es nur vom Hörensagen, der wird die achte Episode aus der ZDF-Reihe „München Mord“ als besonderes Vergnügen empfinden.

 

Dafür bürgt schon der Name Friedrich Ani. Der Schriftsteller und Grimme-Preisträger („Kommissar Süden und der Luftgitarrist“) hat quasi ein Abonnement auf den Deutschen Krimipreis. Obwohl seine Romane liebenswert-skurrile Figuren und noch mehr Atmosphäre zu bieten haben, war den stets sehenswerten Verfilmungen wenig Erfolg vergönnt. Bei Anis Originaldrehbüchern ist das zum Glück anders. „Leben und Sterben in Schwabing“ hat er - wie schon zwei frühere „München Mord“-Folgen mit dem von Alexander Held, Bernadette Heerwagen und Marcus Mittermeier unnachahmlich verkörperten Ermittler-Trio gemeinsam mit Ina Jung geschrieben.

Der meistgehasste Mann

Dass an Kriminalkommissarin Angelika Flierl ein musikalisches Talent verloren gegangen ist, passt wunderbar ins Gesamtbild. Die Handlung beginnt mit einem Auftritt der Polizistin und ihrer Ukulele in einer verrauchten Kneipe. Sie singt „Heroes“ von David Bowie; schon allein das Licht (Kamera: Ralf K. Dobrick) ist Nostalgie pur. Dann kommt der Profi auf die Bühne: Michael Fitz ist nicht nur Ur-Münchner, sondern auch ein Vollblutmusiker. Entsprechend cool und rockig verkörpert er den Türken-Rudi, der so heißt, weil er in der Türkenstraße aufgewachsen ist.

Wenn der Rudi wie ein düsterer Western-Held mit schwarzem Hut und ebensolchem Mantel selbstbewusst durch die Straßen marschiert, ist das ein unmissverständliches Signal: Was auch immer in diesem Viertel passiert, Rudi weiß Bescheid; im Zweifelsfall ist er ohnehin der Drahtzieher. Aber gilt das auch für den Mord an Armin Riester (Leo Reisinger)? Der Makler war der meistgehasste Mann in Schwabing, denn er stand wie kein anderer für die Gentrifizierung: alte Häuser kaufen, die Mieter rausekeln, die Domizile luxussanieren und dann teuer vermieten.

Auf Zeitreise

Eigentlich soll sich das Trio aus dem Keller des Präsidiums um Altfälle kümmern, aber dessen Leiter Schaller (Alexander Held), ein Kind Schwabings, lässt sich die Ermittlungen sehr zum Unwillen von Kriminaloberrat Zangel (Christoph Süß) nicht nehmen. So wird die Mördersuche zur Zeitreise: Ani und Jung erfreuen mit Anekdoten aus der vermeintlich guten alten Ära sowie einigen Originalen, in denen Kenner der Szene das eine oder andere Vorbild erahnen könnten.

Sehr schön sind die Begegnungen mit den Alteingesessenen, die allerdings ebenso wie die alten Zeiten keineswegs verklärt werden. Türken-Rudi hat ja Recht, wenn er sagt, „Times are changing“: Die Zeiten ändern sich.

Schöne Situationskomik

Bei Sascha Bigler ist diese Geschichte in den besten Händen. Der Regisseur hat sich spätestens mit der hintergründig in Szene gesetzten Situationskomik der letzten „München Mord“-Episode („Die ganze Stadt ein Depp“) für weitere Aufträge qualifiziert. „Leben und Sterben in Schwabing“ beeindruckt nicht nur durch wunderbare Dialoge, sondern auch durch eine lässig-beiläufige Inszenierung. So werden die harmlosen, aber sympathischen Scherze am Rande noch wirkungsvoller: Weil das Trio von der Polizei die Wohnung des Opfers ohne jede Schutzkleidung betreten hat, erstarren alle drei zu Salzsäulen, bis die Spurensicherung kommt. „Leben und Sterben in Schwabing“ ist mit viel Liebe zum Detail konzipiert ist. Die Schlussszene mit einem Duett von Angelika Flierl und der Münchner Ikone Nick Woodland ist ein würdiger Abschluss des Films.

Ausstrahlung: ZDF, Samstag, 18. Mai 2019, 20.15 Uhr