„Verliebt in Masuren“ ist eine sehr sympathische Komödie über eine deutsch-polnische Romanze zwischen einem pensionierten Kapitän und seiner resoluten Pflegekraft

Hamburg - Eigentlich ist der pensionierte Containerschiff-Kapitän Kurt (Hans-Uwe Bauer) noch zu jung, um schon betreut werden zu müssen. Aber nach einem Schiffsunfall und mehreren Knochenbrüchen kann er sich vorübergehend nicht mehr selbst versorgen. Weil der Seebär ohne Wasser unterm Kiel nicht glücklich wird und schon diverse Frauen vergrault hat, ist die resolute Roza (Lina Wendel) die letzte Hoffnung der Pflegedienstleiterin. Die geschiedene Polin ist zwar gerade dabei, die Hochzeit ihrer schwangeren Tochter vorzubereiten, erklärt sich aber bereit, für eine Woche einzuspringen.

 

Kurt reagiert jedoch geradezu allergisch auf alles, was mit Polen zu tun hat: Seine Familie stammt aus Masuren und wurde 1945 enteignet. Ständiger Anfeindungen wegen ist sie nach Hamburg ausgewandert – und Roza stammt just aus jener Gegend, in der Kurt seine Kindheit verbracht hat. Außerdem ist sie durch und durch Familienmensch und hat überhaupt kein Verständnis dafür, wie der deutsche „Kuhlschrank“ mit seinen Angehörigen umspringt.

Seebär mit Ressentiments

„Verliebt in Masuren“ ist schon allein wegen seiner Doppeldeutigkeit ein schöner Titel, denn der kleine Kurt war durchaus glücklich; im schönsten Sommer seines Lebens hat er mit seinem Freund Jurek davon geträumt, die Weltmeere zu besegeln. Mit diesen Jugenderinnerungen wird er nun hautnah konfrontiert. Denn als Rozas Ablösung nicht auftaucht, nimmt sie den „sturen alten Esel“ kurzerhand mit zu sich nach Hause, wo sich der verwitwete Seebär mit seinen antipolnischen Ressentiments nicht viele Freunde macht. Als Roza herausfindet, dass die Wurzeln seines finsteren Gemüts keineswegs in der Kindheit liegen, sondern mit dem Unfalltod seiner Frau zusammenhängen, kann sie Kurt helfen. Damit wäre auch der Weg frei für eine spezielle Form der deutsch-polnischen Völkerverständigung. Aber Kurt will endlich die Welt umsegeln und Roza ihre Heimat nicht verlassen.

Natürlich schwelgt der Film in der masurischen Landschaft. Mit prachtvollen Bildern von Wasser und Himmel sorgt Kameramann Andreas Doub dafür, dass der Film seinem Titel auch optisch gerecht wird. In erster Linie aber lebt die Komödie vom Mit- und Gegeneinander der beiden Hauptfiguren. Gerade Lina Wendel, bekannt vor allem durch ihre Rolle als Titelfigur der ARD-Krimireihe „Die Füchsin“, versieht Roza nicht nur mit einem authentisch klingenden Akzent, sondern auch mit viel subtiler Süffisanz. Die wiederum korrespondiert wunderbar mit der Arbeit des Komponisten,, denn Martin Rott hat seiner schönen Musik eine sympathische ironische Note gegeben. Hans-Uwe Bauer, der gern kantige Typen verkörpert, spielt den widerwillig sich wandelnden Kapitän ähnlich überzeugend; die Dialoge der beiden Hauptfiguren, die sich nichts schuldig bleiben, sind angenehm bissig.

Enkelin Paula verschwindet leider

„Verliebt in Masuren“ ist das erste Drehbuch der Schauspielerin und Freizeitseglerin Kerstin Römer, zumindest für einen Film; erste Erfahrungen als Autorin hat sie bei der ZDF-Telenovela „Wege zum Glück“ gesammelt. Sie spielt außerdem die kleine Rolle der Pflegedienstleiterin, die eine Betreuerin für den „liebenswürdigen älteren Herrn“ sucht. Regie führte Bruno Grass. Er hat unter anderem für die Degeto-Krimireihe „Mordkommission Istanbul“ den ziemlich spannenden zweiteiligen Thriller „Im Zeichen des Taurus“ (2016) inszeniert, aber auch die kurzweilige Familienkomödie „Harry nervt“ (2013) mit Günther Maria Halmer als Weltenbummler und ähnlich egozentrischem Antihelden.

Im damaligen Film stand nur die Tochter an der Seite der Titelfigur. Diesmal ist es Enkelin Paula, die als einzige ein Herz für den alten Griesgram hat. Und weil die junge Alva Schäfer das auch sehr schön spielt, ist es ein wenig bedauerlich, dass Paula irgendwann sang- und klanglos aus der Geschichte verschwindet.

Ausstrahlung: ARD, Freitag, 21. September 2018, danach drei Monate lang in der Mediathek des Senders