In „Scheidung für Anfänger“ im Ersten spielen Andrea Sawatzki und ihr Mann Christian Berkel ein scheiterndes Paar. Diese schwarze Komödie trifft das echte Leben haargenau.

Stuttgart - Wie schlaffe Marionetten hängen die beiden an Seilen in der Luft. Als Team über einen schmalen Balken zu balancieren, selbst das bekommen Anja (Andrea Sawatzki) und Christoph (Christian Berkel) nicht mehr auf die Reihe. Diese Paartherapie können sie abhaken. 24 Ehejahre gleich mit. Wer feiert heute schon noch Silberhochzeit? Ein schickes Haus umgibt die Innendesignerin und den Bauingenieur, im Schutz der Mauern ist aber jeder in seiner eigenen Seelenlandschaft unterwegs. Keiner nimmt den anderen mehr ernst oder auch nur wahr. Wer will schon weiter in dieser Leere baumeln?

 

Andrea Sawatzki und Christian Berkel führen im wahren Leben angeblich eine glückliche Ehe. Sie erzählen in Interviews aber auch offen von ihren Krisen. Wie sie in der ARD-Komödie „Scheidung für Anfänger“ nun genervt vom anderen die Augen rollen, wirkt deshalb nicht gespielt, sondern qualvoll echt. Für den Regisseur Thorsten M. Schmidt, der hier authentisch von Krise und Scheidung erzählen will, ist dieses Paar ein klarer Fall von: Bingo.

Sogar die Bulldogge leidet

Wie sich Sawatzki nun als Anja lustig macht über den ach so tollen Einfall ihres Ehemanns Berkel alias Christoph, in der Küche ein Ceran- neben ein Gasfeld zu platzieren, und wie sie anwidert, dass ihm nie wichtig ist, was ihr viel bedeutet, wie er dann wiederum ihr Talent beschreibt, das Gegenüber immer gleich pauschal ins Unrecht zu setzen: das sind Scharmützel, die gar nicht in einem Drehbuch stehen müssten. Kennt jeder.

Immerhin streiten sie im ARD-Film wieder. Jetzt, da die Scheidung einvernehmlich beschlossene Sache ist. Es wird wieder gesprochen im schicken Designerhaus. Die Bulldogge Carlo verstört der erhöhte Umfang an Dialogen so sehr, dass sie beim Tierpsychologen landet. Das könnte bloß lustig sein, ist es aber nicht. Weil es betont, wie schnurzegal die Trennung der Eltern den erwachsenen Kindern ist. Die Tochter, die gerade ihre Hochzeit plant, bleibt verschont von den Neuigkeiten. Der Sohn aber reagiert so, wie es heute viele Kinder tun, die aus ihrem Umfeld schon gar nichts anderes mehr gewohnt sind: beängstigend teilnahmslos, also gar nicht. Im Gegensatz zu Carlo, der leidet wie ein Hund. Wie eine Bulldogge eben, mit Hängeaugen und Hängelefzen.

Hass macht nicht attraktiver

Aus gutem Grund. Denn natürlich wird das ein schmutziger Kampf zwischen Anja und Christoph. So haarklein, wie da Vermögen, Zugewinn, Aufteilung, Eigenbedarf durchgerechnet wird, Tricks und Kniffe bei einer Scheidung verraten werden, rutscht die schwarze Komödie zwischendurch fast in eine handfeste Ratgebersendung ab.

So genau will man das als Zuschauer dann doch nicht wissen. Es reichen schon die vielen schmerzhaften Dialoge, die, eben weil sie nicht überspitzt wurden, noch viel tiefer dringen. Wenn Anja mit einer Freundin über ihr Elend spricht zum Beispiel. Diese Freundin, die Anja sagt, dass der Hass auf ihren Mann sie nicht gerade attraktiver mache. Anja wäre nach dieser Trennung im Alter vielleicht allein, mahnt diese gute Kameradin noch, worauf Anja resigniert sagt: „Ich bin doch jetzt schon allein.“. Mit einem Neuen ginge alles nur von vorne los, lässt die Freundin nicht locker: „Sport... Haare färben...“

Alles andere als Kitsch

Alles Lustige wird den Nebenrollen, den Anwälten, den künftigen Schwiegereltern der Tochter, den Freunden des Hauses überlassen, alles Leichte der Musik: „Du lässt dich geh’n“ von Charles Aznavour oder „Comment te dire adieu“ von Francoise Hardy.

Alles Schwere macht den Film erst sehenswert. Das Beachtliche, das Menschen wie Anja und Christoph verbindet und gleichzeitig trennt, hat Thorsten M. Schmidt nicht übertrieben, nie komödiantisch verzerrt – und dadurch erst schmerzlich spürbar gemacht. Und wenn der Film dann im Happy-End ausklingt, hört sich das nur kitschig an – ist es aber nicht.

Ausstrahlung: ARD, Samstag, 26. Januar, 20.15 Uhr