Die amüsante Edelschnulze „Stenzels Bescherung“ hat das Herz auf dem rechten Fleck: Herbert Knaup spielt einen Provinzbanker, der seinen Mitbürgern hilft.

Stuttgart - Ich verlasse mich auf Sie“, sagt eine Kundin mal zu Valentin Stenzel, dem Leiter der Stadtbankfiliale. Und genau das wollte der eher ehrgeizfreie Stenzel (Herbert Knaup) ein Berufsleben lang sein: einer, auf den sich die Menschen verlassen können. Einer, der auf ihr Geld aufpasst. Einer, der mit Krediten da aushilft, wo es gerade klemmt. „Geld soll Häuser bauen“, steht auf einer Außenwerbung, die der alerte Herr Tutz (Constantin von Jascheroff), der Sondergesandte der neuen Bankeigentümer, gerade mitgebracht hat. Der Spruch drückt aus Stenzel, was Stenzel von seiner Bank erwartet. Er ist leider die zynische Beschönigung dessen, was Herr Tutz mit der Filiale vorhat.

 

„Es werden vorerst keine Kredite vergeben. Geld rein: Ja. Geld raus: Nein“, weist Tutz den verdatterten Stenzel in einem Ton an, der klebrig ist wie ein angelutschtes Bonbon und giftig wie ein verbotenes Entlaubungsmittel. Der Titel von Marc-Andreas Bocherts Weihnachtsmärchen „Stenzels Bescherung“ hat nämlich einen Doppelsinn. Die Bescherung, die der stets pünktliche, ordentliche, gewissenhafte Stenzel erst einmal hingekübelt bekommt, ist die Optimierungsstrategie des neuen Bankeigentümers aus Singapur. Der weiß wenig von den Nöten eines Provinzstädtchens mit 12 000 Einwohnern, in dem die größte Fabrik vor einigen Jahren dicht gemacht hat. Aber er kennt sich aus mit Profitmargen.

Das Geld der Erbenlosen

Und so redet Herr Tutz zwar von Verbesserungen. Aber er lässt einmal zu oft die Tür von Stenzels Büro, das er für sich in Beschlag nimmt, offen. So bekommt der in ein Nebenräumchen abgedrängte Filialleiter mit, was wirklich los ist. Tutz soll die Filiale abwickeln. Noch vor Weihnachten sollen alle Mitarbeiter gekündigt sein und Automaten den dann noch angebotenen Teil der Leistungen übernehmen. „Ziele setzen“ nennt Tutz so etwas.

So kommt nun die andere Variante der Stenzelschen Bescherung ins Spiel. In den verbleibenden Wochen, so lange er noch Zugang zu den Bankcomputern hat, will Stenzel seinen Mitbürgern helfen. Auch da will er korrekt sein, anfangs eigentlich nur einen einzigen Überbrückungskredit für ein paar Tage unter der Hand vergeben, mit Geld vom Konto eines erbenlos Verstorbenen. Aber die Sache spricht sich herum, immer mehr Bittsteller melden sich. Stenzel ist eingeklemmt zwischen seinem erwachten Gewissen und der neuen Erpressbarkeit. Und bald wird klar, dass nicht alles Geld rechtzeitig wieder zurück bei der Bank sein wird.

Der große Wundbrand

Bochert, der Regie geführt und das Drehbuch geschrieben hat, erzählt das naiv, überschaubar, mit Figuren, die auch für eine Nachmittagsserie nicht zu kompliziert wären. Aber die sich immer wieder selbst heilende Welt, die ältere Zuschauer aus den vielen öffentlich-rechtlichen Herz-Schmerz-Filmen kennen, ist hier von einem Wundbrand bedroht, der im Weihnachtsfilm selbst nicht mehr gestoppt werden kann. Hier geht es, rührend, verschmunzelt und manchmal melancholisch, darum, an den individuellen Spielraum zur Gegenwehr zu erinnern.

Das ist keine schlechte Mär zum Fest, noch dazu eine in großer Tradition. In einem der lange Zeit bekanntesten und beliebtesten Weihnachtsfilme, Frank Capras „Ist das Leben nicht schön“ von 1946, geht es ja auch um einen Banker, der glaubt, das Geld sei für die Menschen da und nicht umgekehrt.

Ausstrahlung: ARD, Montag, 23. Dezember 2019, 20.15 Uhr