Am Freitagvormittag machte sich Michael Schweikardt an die Analyse. Und schon bevor er sich die 60 Minuten vom 23:26 (7:11) gegen die MT Melsungen noch einmal zu Gemüte führte, war ihm klar: „Mit so einer Angriffsleistung kannst du nur schwer gewinnen.“ Mit 0:10 Punkten hatte er den TVB Stuttgart vergangenen September übernommen, seitdem sammelte der Handball-Bundesligist 15:25 Zähler. Es gab Höhen wie die 8:2 Punkte gleich zu Beginn seiner Amtszeit und den Derbysieg bei Frisch Auf Göppingen. Oder das souveräne 29:23 beim Abstiegskonkurrenten GWD Minden. Es gab Tiefen wie am Donnerstag die erste Halbzeit oder im Heimspiel davor die lange Zeit desolate Leistung gegen die HSG Wetzlar. Diesen jüngsten Negativtrend will der TVB an diesem Sonntag (16.05 Uhr) beim HSV Hamburg stoppen.
Und dann? Dann ist erst einmal Pause bis zum Spiel am 20. April beim SC DHfK Leipzig. Die Zeit will der Verein nutzen, um eine wichtige Entscheidung zu treffen: Geht es über die Saison hinaus mit Trainer Michael Schweikardt weiter – oder nicht? „Wir haben im Januar entschieden, dass wir den Februar und März abwarten – und uns danach mit der Trainerfrage für die neue Runde beschäftigen, daran hat sich nichts geändert“, sagt Geschäftsführer Jürgen Schweikardt.
Fünf Gesellschafter entscheiden
Er wird eine Empfehlung abgeben. Die Entscheidung trifft die Gesellschafterversammlung, der fünf Mitglieder angehören: Christian May aus dem Hause des Hauptsponsors Kärcher als Sprecher, dazu Wolfgang Andrä (von der gleichnamigen Consulting Group) sowie der Unternehmer Klaus Mitterlindner, die gewissermaßen den wirtschaftlichen Part abbilden. Dazu kommen für die sportliche Seite Günter Schweikardt und Rainer Heib als Vertreter des Hauptvereins TV Bittenfeld.
Dass im Verein der grundsätzliche Wunsch nach Kontinuität auf dem Trainerposten vorhanden ist, steht außer Frage. Die leuchtenden Vorbilder aus der Liga in Person von Bennett Wiegert (SC Magdeburg), Maik Machulla (SG Flensburg-Handewitt) oder Florian Kehrmann (TBV Lemgo Lippe) kommen Geschäftsführer Jürgen Schweikardt immer wieder mal über die Lippen. Er würde am liebsten mit seinem Bruder weitermachen, doch er ist Profi genug, um auch Alternativen am Markt auszuloten.
Plan B mit Matschke
Ganz oben auf der Plan-B-Liste steht nach Informationen unserer Redaktion der Name Benjamin Matschke. Der langjährige Trainer der Eulen Ludwigshafen wurde überraschend im vergangenen November bei der HSG Wetzlar gefeuert, steht beim Bundesligisten noch bis 2025 unter Vertrag und unterrichtet als Lehrer am Wirtschaftsgymnasium in Schwetzingen. Der 40-Jährige hat einen Bezug zur Region, der gebürtige Heilbronner studierte in Stuttgart, spielte für den TV Kornwestheim und den VfL Pfullingen.
Ebenfalls im Gespräch ist Hartmut Mayerhoffer. Frisch Auf Göppingen hatte sich vom 53-Jährigen im vergangenen November getrennt, er steht beim European-League-Viertelfinalisten noch bis 2024 auf der Gehaltsliste. Erst am Saisonende ist dagegen für Frank Carstens Schluss bei GWD Minden. Der 51-Jährige leistet seit 2015 mit bescheidenen Mitteln passable Arbeit bei den Ostwestfalen, dennoch wird sein Vertrag dort nicht verlängert.
Fest steht: Sollte es mit Michael Schweikardt nicht weitergehen, würde er beim TVB wieder seine ursprüngliche Tätigkeit im Bereich Jugend-, Anschlussförderung/Scouting übernehmen. Diese Vereinbarung war die Grundvoraussetzung, dass sich der 40-Jährige überhaupt auf das Abenteuer Bundesliga-Trainer einließ. Bereut hat er es nicht, und ein längerfristiges Engagement würde an seiner Bereitschaft nicht scheitern: „Handball ist mein Leben, mir macht die Trainerarbeit bei einem Proficlub viel Spaß.“