Nach dem preisgekrönten Shakespeare-Western-Epos „Im Schmerz geboren“ wagte der Hessische Rundfunk beim „Tatort“ mit Ulrich Tukur wieder ein Experiment: einen Film-im-Film. Die Zuschauer sehen es mit gemischten Gefühlen.

Frankfurt/Main - Der beste „Tatort“ 2015 kommt zum Schluss? Als letzte und 40. Erstausstrahlung hat die ARD am Sonntagabend den Film-im-Film „Wer bin ich?“ mit Ulrich Tukur gesendet. Kritiker hatten sich vorab mit Lob überschlagen, die Reaktionen der Zuschauer waren auch überwiegend begeistert:

 

„Irrsinnig komische Parodie, unheimlich wie eine Kafka-Erzählung und mehr Metaebenen als die Polizei erlaubt“, schrieb etwa Sebastian Freisleder bei Twitter. „Den #Tatort von heute abend fand ich richtig klasse. Endlich wieder etwas Ausgefallenes, bei dem auch Nachdenken nicht schadet“, meinte Tina bei dem Kurznachrichtendienst. Es gab aber auch kritische Kommentare: „#Tatort dazu fehlte mir heute der intellektuelle Zugang“, zwitscherte Ella in der Nacht zum Montag.

Hier einige Tweets zum Tukur-"Tatort":

Tukur spielt Tukur und gerät in Verdacht

Schon nach vier Minuten war klar: Das wird kein gewöhnlicher Sonntagskrimi. Die beiden Leichen, die Tukur als LKA-Ermittler Felix Murot in einem Parkhaus findet, sind nicht echt. Sie gehören zu einem „Tatort“-Dreh vom Hessischen Rundfunk (hr).

Es entwickelte sich ein Film-im-Film, in dem Tukur den Schauspieler Tukur spielt und wegen eines tödlichen Autounfalls eines Kollegen aus der Aufnahmeleitung unter Verdacht gerät. Die Auflösung des Films, der mehr eine komödiantische Abrechnung mit dem eitlen Film- und Fernsehgeschäft ist als ein Krimi, war am Ende sehr philosophisch.

Auch Barbara Philipp (Murots Assistentin) spielte sich als Schauspielerin selbst (und nicht ihre Figur); auch die anderen hr-„Tatort“-Kommissare, Wolfram Koch und Margarita Broich aus Frankfurt, tauchten auf und spielten sich selbst in dem Film.

Und der Schauspieler Martin Wuttke, der nach seinem Ausstieg als Leipziger „Tatort“-Kommissar angeblich Geld braucht, lief als wahnsinniger Wuttke in einer Gastrolle zu Höchstform auf.

hr-„Tatort“-Redakteur Jörg Himstedt, der als Jens Hochstätt (gespielt von Michael Rotschopf), kaum gut wegkam im Film, sagte vorab: „Der Film funktioniert auf zwei Ebenen: als Satire, und wer das nicht so sieht, für den ist es zumindest immer noch extrem unterhaltsam.“

Tukur hatte gesagt: „Das ist eine Geschichte über Sein und Schein, über Spiel und Wirklichkeit, aber auch die Tragödie eines Menschen, der zerbröselt und peu à peu aus der Wirklichkeit gemobbt wird.“

Bereits der vorangegangene Tukur-„Tatort“ mit dem Titel „Im Schmerz geboren“ (November 2014) blieb vielen in Erinnerung: wegen seiner ungewöhnlichen Western-Ästhetik und einem Leichenrekord mit Dutzenden Toten. Er gewann im Frühjahr unter anderem einen Grimme-Preis.

„Wer bin ich?“ war der 40. und letzte neue „Tatort“ des Jahres 2015. Damit wurden so viele Krimis aus der Reihe gezeigt wie noch nie in der 45-jährigen Geschichte des TV-Klassikers.

Der Marathon mit neuen „Tatorten“ geht in den kommenden Tagen weiter: Zum Auftakt des neuen Jahres - am 1. und 3. Januar - ist eine Hamburg-Doppelfolge mit Til Schweiger und Fahri Yardim im Ersten angesetzt („Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“). Neujahr ist Schlagerstar Helene Fischer in einer Gastrolle dabei.

Der verantwortliche NDR hatte die Actionfilme im November wegen zu aktueller Bezüge zum Terror in Paris kurzfristig aus dem Programm genommen und auf Anfang Januar verschoben.