U-Ausschuss Polizeiaffäre Als es beim SEK rumorte

Beamte des SEK bei einem Einsatz. Foto: dpa/Philipp André

Ein heißer Gewehrlauf am Hintern des Kollegen, eine Kultur des Schweigens und der Verdacht auf rechtsextreme Umtriebe. Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich erneut mit lang zurückliegenden Vorgängen beim SEK. Was hat das mit dem Auftrag zu tun?

Entscheider/Institutionen: Annika Grah (ang)

Von Verweigerung von Respekt ist die Rede, vom Umgehen von Dienstwegen und von informellen Netzwerken, die all das stützen – Dinge, die Führungskräfte im beruflichen Umfeld wohl nirgendwo tolerieren würden. Doch in diesem Fall wiegen sie besonders schwer: Es geht um das Spezialeinsatzkommando der Polizei, das SEK. Die Einheit also die, wie der Grünen-Abgeordnete Oliver Hildenbrand es beschreibt, für „die Demokratie im Einsatz“ ist.

 

Der Untersuchungsausschuss im Landtag befasst sich vor der Sommerpause bereits in der dritten Sitzung mit Vorgängen beim SEK, die schon Jahre zurückliegen. Und die mit dem Auftrag im Untersuchungsausschuss – sexuelle Belästigung in Landesverwaltung und Polizei, sowie die Besetzungs- und Beförderungspraxis bei der Polizei – auf den ersten Blick nur am Rande zu tun haben. Doch im Kern geht um Machtstrukturen bei der Polizei und die Frage, wie bestimmte Personen in Führungsposition gekommen sind.

Verdachtsmomente und ein Strafverfahren

Wie sich die Lage beim SEK vor drei Jahren wirklich darstellte, hat der Ausschuss noch nicht genau aufgeklärt. Das Bild, das Zeugen zeichnen, zeigt vor allem eines: Es lag einiges im Argen. Von einem „unguten Korpsgeist“ bei der Spezialeinheit ist die Rede und noch schwerwiegender vom Verdacht auf rechtsextreme Tendenzen – der sich bislang allerdings nicht erhärtete. Es geht aber auch um konkrete Vorwürfe – etwa dass beim SEK übliche Untersuchungen nach tödlichen Schussabgaben von der damaligen Kommandoführung nicht eingeleitet wurden – und einen Vorfall, der zwar schon sechs Jahre zurückliegt, aber sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief.

Nach einer Übung soll ein SEK-Mitglied einen Schuss mit Platzpatronen abgegeben und dann den noch heißen Gewehrlauf einem Kollegen ans Gesäß gehalten haben. Der erlitt leichte Verletzungen. Doch gemeldet wurde der Vorfall nicht – erst später legten Mitglieder des SEK die Vorgänge offen und brachten damit strafrechtliche Ermittlungen und Disziplinarverfahren ins Rollen.

Doch gehen musste auf Druck des Kommandoführers nicht der, der den Schuss abgegeben hatte, sondern diejenigen, die die Ermittlung ins Rollen gebracht hatten. Der frühere Leiter der Direktion Spezialeinheiten bezeichnete es bei seiner Aussage als „ausgesprochen problematisch, dass der Zeuge in die Rolle des Täters gedrückt wurde.“

Vertrauen bröselt

In der Folge bröselte das Vertrauen zwischen Präsidiumsspitze und Kommandoführung – der frühere Präsident des Polizeipräsidiums Einsatz, Ralph Papcke bat die Führung der Landespolizei um eine gesichtswahrende Lösung. Der damalige Inspekteur der Polizei, Andreas Renner, tauschte indessen kurzerhand die Kommandoführung aus. Die hatte einen schweren Stand.

Im Spätherbst 2021 sprach ein Großteil der Truppe der Führung das Misstrauen aus. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Der wenige Monate zuvor eingesetzte Kommandoführer empfand die Situation als so verkorkst und belastend, dass er mehrfach um Versetzung bat. Die vom Innenministerium eingeleitete Mediation, so sein Vorwurf, habe keinerlei Elemente einer Mediation gezeigt. Einer der beiden Mediatoren hatte enge Verbindungen zum SEK, kritisierte der Beamte.

Seine Stellvertreterin wiederum galt als Vertraute Renners. Wieso die Wahl schließlich auf sie fiel, würden einige Abgeordnete noch gern im Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Und auch die Frage, ob die von einigen Zeugen schwer belastete Kommandoführung noch gehört wird, ist offen. Zumindest eines betonten die Zeugen unisono auf mehrfache Nachfrage: Die Einsatzfähigkeit der Spezialeinheit habe nie infrage gestanden. „Das war wichtig das herauszuarbeiten“, sagte der CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler.

Weitere Themen