Vor dem ersten U-Ausschuss zum „schwarzen Donnerstag“ wollte sich Stefan Mappus’ Staatskanzlei mit CDU-Leuten abstimmen – auch mit Thomas Strobl. Warum? Der Parteichef bestreitet Absprachen zur Verschleierung, zwei Abgeordnete schweigen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Das Staatsministerium unter Stefan Mappus (CDU) hat zur Vorbereitung des ersten Untersuchungsausschusses zum Polizeieinsatz im Schlossgarten Absprachen mit CDU-Politikern in Land und Bund geplant. Das geht aus Vermerken aus der damaligen Regierungszentrale hervor, die dem zweiten Sondergremium zum „schwarzen Donnerstag“ vorliegen. Die zuständige Verwaltungsabteilung erwog danach insbesondere, sich vorab mit dem damaligen CDU-Generalsekretär Thomas Strobl sowie dem Vorsitzenden und dem CDU-Obmann des Ausschusses abzustimmen. Damit wollte man der Strategie der damaligen Opposition von SPD und Grünen begegnen. Zwei ehemals führende Beamte der Abteilung, aus der die Dokumente stammen, sollen am kommenden Montag als Zeugen vor dem Ausschuss gehört werden.

 

Bei der Vorbereitung des ersten Gremiums wappneten sich Mappus’ Spitzenbeamte für verschiedene Vorstöße von Rot-Grün. So könne die Opposition argwöhnen, es habe im Vorfeld des Polizeieinsatzes mehr Gespräche gegeben als in der Antwort auf einen SPD-Antrag aufgeführt, hieß es in einer Notiz. In diesem Zusammenhang wurde unter ausdrücklichem Hinweis auf „Berlin“ festgehalten, das Büro des Ministerpräsidenten nehme Kontakt mit Generalsekretär Strobl auf.

Mysteriöser Anruf aus dem Kanzleramt

In den Wochen vor dem 30. September 2010 waren in Berlin wiederholt Spitzenvertreter von Bund und Bahn mit dem Projekt Stuttgart 21 befasst. So gab es Gespräche in und mit der CDU-Landesgruppe, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals klar erkennen ließ, dass sie sich persönlich für Stuttgart 21 einsetzen wird; dies tat sie dann überraschend deutlich in ihrer Regierungserklärung vom 15. September. Wenige Tage vor dem Polizeieinsatz fand zudem ein Spitzentreffen zwischen Merkel und Bahnchef Rüdiger Grube statt, über dessen Inhalt nichts bekannt wurde. Im Staatsministerium gab es 2010 zudem die Sorge, die Opposition könne Merkel als Zeugin benennen. Der Grund: Am Abend des „schwarzen Donnerstags“ hatte sich ein Anrufer aus dem Kanzleramt beim Lagezentrum des Innenministeriums nach der Telefonnummer von Mappus erkundigt – ein bis heute ungeklärter Vorgang.

Strobl sagte der StZ, in die konkrete Vorbereitung des Polizeieinsatzes sei er nie eingebunden gewesen. Zwischen ihm und dem Büro Mappus habe es immer wieder Kontakte gegeben, vermutlich auch im Herbst 2010; an einzelne Kontakte könne er sich nicht mehr erinnern. Eines könne er aber sicher ausschließen, betonte der CDU-Landeschef: im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz habe es mit ihm nie Absprachen gegeben, etwas zu verheimlichen oder gar verschwinden zu lassen. Als Landesgruppenchef habe er sich bei vielen Berliner Funktionsträgern für „S 21“ eingesetzt.

Die Reihenfolge der Zeugen vereinbart?

Aus den Unterlagen geht ferner hervor, dass sich das Staatsministerium vorab mit den zwei wichtigsten CDU-Abgeordneten im bevorstehenden U-Ausschuss besprechen wollte: dem Vorsitzenden Winfried Scheuermann und dem Obmann der Fraktion, Ex-Minister Ulrich Müller. Auch die Gegenstände möglicher Absprachen wurden benannt. So hatte die Regierung ein Interesse daran, dass Mappus nicht, wie von der Opposition gefordert, als erster Zeuge aussagen solle, um ihn später gegebenenfalls mit Widersprüchen zu Folgeaussagen konfrontieren zu können; stattdessen sollten erst die Beamten und am Schluss die Minister und der Ministerpräsident gehört werden. Genauso setzte es die schwarz-gelbe Mehrheit schließlich durch. Als Beweisthema wurde zudem angeregt, Rechtsfragen rund um Blockaden und „zivilen Ungehorsam“ aufzuwerfen; auch dies erfolgte.

Scheuermann: ich bin nicht wichtig

Die StZ hatte Scheuermann und Müller schon vor längerer Zeit gefragt, inwieweit es tatsächlich zu einem Zusammenwirken zwischen ihnen und der Staatskanzlei gekommen sei und ob sie ein solches als legitim ansähen. Der Enzkreis-Abgeordnete Scheuermann, der 2011 aus dem Parlament ausgeschieden ist, antwortete darauf: „Ich nehme mich heute nicht wichtiger, als ich damals 2010 gewesen bin. Deshalb möchte ich mich nicht äußern.“ Ulrich Müller äußerte sich auch auf Nachfrage nicht persönlich, sondern verwies auf die Fraktion. Zuvor war Fraktionschef Peter Hauk gefragt worden, ob er von einem Zusammenspiel zwischen Mappus und Müller – ähnlich wie im EnBW-Ausschuss – wisse. Seine Antwort: ihm sei davon nichts bekannt.

Der einstige Minister Müller hatte seinem früheren Staatssekretär Mappus auf einem Autobahnparkplatz Unterlagen aus dem EnBW-Ausschuss übergeben, angeblich aus Gründen der Fairness. Als dies bekannt wurde, war er aus dem Gremium ausgeschieden; aus ähnlichen Gründen folgte ihm der CDU-Obmann Volker Schebesta.