26 Monate lang hat der Untersuchungsausschuss im Landtag Zeugen befragt und Akten gewälzt. An der Frage, ob der frühere CDU-Regierungschef Mappus Einfluss auf einen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner nahm, scheiden sich aber weiter die Geister.

Stuttgart - Ein möglicher Einfluss des früheren Regierungschefs Stefan Mappus (CDU) auf den harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner bleibt umstritten. Nach monatelangen parlamentarischen Untersuchungen halten Grüne und SPD es für belegt, dass Mappus auf den Einsatz am 30. September 2010 einwirkte. CDU und FDP bestreiten dies und beschuldigen die heutigen grün-roten Regierungsfraktionen, vor der Landtagswahl mit dem Thema Parteipolitik betreiben zu wollen. Das wurde am Mittwoch zum Abschluss des zweiten Untersuchungsausschusses im Landtag zum Schlossgarteneinsatz in Stuttgart deutlich.

 

Bei der Räumung des Schlossgartens für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 waren am „Schwarzen Donnerstag“ Polizisten mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstranten vorgegangen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden damals 130 Demonstranten und 34 Polizisten verletzt.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart stufte den Einsatz im November 2015 als rechtswidrig ein. Im Jahr 2010 regierte noch Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg. 2011 kam es dann zu einem spektakulären Wahlsieg von Grün-Rot. Seitdem regiert Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der seine Macht bei der Landtagswahl am 13. März verteidigen will.

Gab es ein politisches Motiv für den Rodungstermin?

Herz des Milliardenprojekts Stuttgart 21 ist der Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation. Der Tiefbahnhof inklusive diverser Tunnel für die Wege dorthin soll laut Bahn bis zu 6,5 Milliarden Euro kosten, eine anschließende Neubaustrecke Richtung Ulm kostet weitere 3,3 Milliarden.

Der zweite Ausschuss war eingesetzt worden, weil neue Dokumente in Medien aufgetaucht waren. Grünen-Obmann Uli Sckerl sagte, im ersten Gremium habe es nur Indizien gegeben. Nun sei bestätigt, dass die Polizei förmlich in den Einsatz hineingetrieben worden sei. Die Grünen stützen sich auf E-Mails der damaligen Umweltministerin Tanja Gönner (CDU), einer engen Vertrauten von Mappus.

„Ziel ist, dass bis zu deiner Regierungserklärung alles mit den Bäumen erledigt ist“, heißt es darin. Das zeigt aus Sicht von Grünen und SPD ein politisches Motiv für den Rodungstermin am 30. September 2010. Zudem hätten Polizisten im Ausschuss erklärt, nach ihrem Eindruck habe der Einsatz unter allen Umständen vor der Regierungserklärung erfolgen sollen.

CDU widerspricht

CDU-Obmann Reinhard Löffler sieht das ganz anders. Er warf Grün-Rot am Mittwoch vor, den Ausschuss missbraucht zu haben, um die damalige CDU-geführte Regierung an den Pranger zu stellen. Eine politische Einflussnahme auf den Polizeieinsatz kann er nicht ausmachen. „Es ist leichter, aus einem Gulasch die Augenfarbe des Ochsens zu erkennen als unter 350 Aktenordnern mit Tausenden von Seiten auf ein Verschulden der Landesregierung zu kommen.“ FDP-Obmann Timm Kern stimmte Löffler zu: Grüne und SPD wollten mit dem Thema - wie schon im Jahr 2011 - Wahlkampf machen. Sie hätten im Ausschuss Anträge der Opposition aus rein politischen Motiven abgelehnt.

SPD-Obmann Sascha Binder warf der CDU vor, sich bis heute nicht von ihrem früheren Regierungschef Mappus losgesagt und kein Interesse an einer Aufarbeitung damaliger Vorgänge zu haben. Er bezog sich dabei auch auf den umstrittenen, von Mappus eingefädelten Rückkauf von Aktien des Karlsruher Energieunternehmens EnBW durch das Land im Herbst 2010.

Das Thema beschäftigte ebenfalls einen Untersuchungsausschuss des Landtags. „Es liegt in der DNA der CDU, so zu reagieren, wie sie reagiert hat“, sagte Binder. „Insofern kann man es nicht mehr mit Personen verbinden. Es ist diese CDU im Land, die nicht bereit war, ihre Fehler zuzugeben und ihre Fehler aufzuarbeiten.“