U-Ausschuss zur Polizeiaffäre Der frühere Inspekteur schweigt und teilt doch aus
Zehn Minuten dauert der lang erwartete Auftritt des Inspekteurs vor dem Untersuchungsausschuss. Er verweigert wie erwartet die Aussage – und teilt dann doch aus.
Zehn Minuten dauert der lang erwartete Auftritt des Inspekteurs vor dem Untersuchungsausschuss. Er verweigert wie erwartet die Aussage – und teilt dann doch aus.
Der Auftritt fällt erwartbar kurz aus. Es sind kaum zehn Minuten, die der frühere Inspekteur der Polizei vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags spricht. Andreas Renner macht wie erwartet von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch – nicht ohne allerdings Vorwürfe gegen seine früheren Vorgesetzten zu erheben.
Es hätte einer der Höhepunkte im schon drei Jahre währenden Untersuchungsausschuss werden sollen. Die Vorwürfe gegen den früheren Inspekteur der Polizei verursachten im Jahr 2021 ein Beben im Innenministerium und in der gesamten baden-württembergischen Landespolizei – im Zuge des Verfahrens wurde gegen Innenminister Thomas Strobl (CDU) wegen der Herausgabe eines Anwaltsschreibens ermittelt und die Polizeispitze umgebaut. Im Landtag provozierten die Vorgänge in dem Untersuchungsausschuss, der seit fast drei Jahren das Handeln des Innenministeriums in dem Fall unter die Lupe nimmt.
Doch was kommt, war vorherzusehen: Denn obwohl der ehemalige Inspekteur der Polizei im Sommer 2023 vor dem Landgericht Stuttgart von Vorwürfen der sexuellen Nötigung freigesprochen wurde, laufen noch zwei Verfahren gegen den 51-Jährigen. Zum einen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit, zum anderen ist da das Disziplinarverfahren im Innenministerium, das bereits dazu geführt hat, das ihm die Bezüge gekürzt wurden.
„Gerne und mit voller Überzeugung“, sagt Renner, hätte er nach dreieinhalb Jahren Angaben zur Sache gemacht, „ebenso zu den nicht zutreffenden Vorwürfen gegen meine Person“. Doch nicht nur die beiden Verfahren auch die eingeschränkte Aussagegenehmigung des Innenministeriums machten das schwer, so Renner. Da das Disziplinarverfahren noch laufe, seien alle Aussagen zu den im Einsetzungsbeschluss aufgeworfenen wichtigen Fragen ausgeschlossen. „Zudem würde ich mich in die latente Gefahr begeben, gegen die Aussagegenehmigung zu verstoßen.“
Dann kommt der Punkt, an dem er Vorwürfe gegen seinen Dienstherrn und die Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz erhebt. Wie kompliziert und diskutabel die Lage sei, zeige, dass die Aussagegenehmigung von der Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz erteilt worden sei, die selbst als Zeugin im Ausschuss gehört wurde, sagt Renner. Deren Handeln in der Stunde Null sei ihm nach wie vor ein Rätsel, ebenso, dass das Innenministerium das Disziplinarverfahren führe. Der frühere IdP wirkt an diesem Vormittag seiner Sache sicher. Wie schon beim Gerichtsprozess betreten seine Frau und er den Landtag Hand in Hand. Begleitet wird Renner im Plenarsaal von seinem Anwalt.
Am Ende sagt Renner etwas, was sich für manche wie eine Drohung anhören könnte. Es sei ihm wichtig, noch einmal betonen, dass er auch nach Abschluss des Untersuchungsausschusses die zum Teil nicht geklärten Fragen beantworten werde „und auch will“. Er wolle auch zu einem späteren Zeitpunkt einen Beitrag zur Aufklärung beitragen.
Ob er dafür allerdings Gelegenheit bekommen wird, ist fraglich. Die Zeit arbeitet in diesem Fall gegen ihn. Das Gremium hat bis zur Sommerpause noch drei Sitzungstage angesetzt, dann soll die Beweisaufnahme beendet sein. Dass die gegen ihn laufenden Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden, hält die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) ohnehin für wenig wahrscheinlich. Eine „Extraveranstaltung“ für den früheren Inspekteur auch nach Abschluss des Untersuchungsausschusses, kann sich der Obmann der SPD, Sascha Binder nur schwer vorstellen.
Die Ausschussmitglieder folgten Renners Argumentation am Montag ohnehin nicht: Es wäre trotz der eingeschränkten Aussagegenehmigung fast nach jedem Komplex möglich gewesen zu fragen, sagt der SPD-Mann, Sascha Binder. Auch der Grünen-Abgeordnete Oliver Hildenbrand ist dieser Ansicht: „Es gibt einen Unterschied zwischen nicht wollen und nicht dürfen. Und Herr Renner wollte heute nichts sagen“, sagt er. Die FDP-Abgeordnete Julia Goll findet bemerkenswert, „dass es ihm offensichtlich ein Bedürfnis war, der Frau Dr. Hinz noch einen mitzugeben.“ Die Landespolizeipräsidentin und Renner galten lange als Vertraute. Goll sagte, sie sehe keinen Grund, warum sie ausgeschlossen sein sollte, die Aussagegenehmigung zu unterzeichnen. Zumal das Dokument nach einem Routinefall aussehe. Eine Sprecherin des Ministeriums betonte indessen, das Ministerium habe das Disziplinarverfahren streng geprüft und zwei unabhängige Richter hinzugezogen.
Es bleibt die Frage, ob die Ladung Renners notwendig gewesen wäre. Zumal seine Anwältin schon vor zwei Wochen um Abladung gebeten hatte. Immerhin kostet ein Ausschusstag, so rechnet der Landtag vor – im Durchschnitt rund 10 000 Euro – je nach Länge und Aufwand.
Der SPD-Abgeordnete Sascha Binder verteidigte die Ladung. Der Ausschuss, betonte Binder, habe den Öffentlichkeitsgrundsatz. Und man hätte sich schwer getan, ausgerechnet in dem Ausschuss, in dem auch das Durchstechen eines Anwaltsschreiben an Journalisten Teil des Untersuchungsauftrags ist, ein solches Dokument der Öffentlichkeit zu geben.