Kultur: Tim Schleider (schl)

Er pflegt weiter jene Form der Zeitkritik, ob nun im Titel „Der Mann ist das Problem“, in der „riesengroßen Gier“ oder im „gläsernen Menschen“, über die sich ein Kritiker leicht mokieren kann, weil sie zwar den Zeigefinger erhebt, aber nie wirklich tief in die Wunden der Gesellschaft dringt. Man muss beim Hören solcher Texte eher schmunzeln, als dass Wut auf die Verhältnisse ins Spiel käme. Aber lieber über die Seltsamkeiten der Welt schmunzeln, als sie zu verschunkeln.

 

Aber keine Frage: die wahren Stärken von Udo Jürgens zeigen sich in seinen ruhigen Titeln. „Was ich gerne wär’ für dich“ ist ein wunderbar unsentimentales Liebeslied. „Alles aus Liebe“ eine schöne Aufforderung, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren („Lass dem Schwärmer die Nacht / Und dem Guten die Macht. / Lass’ die Mächtigen wissen, / Dass sie niemals über uns steh’n“). Und dann kommt ganz zum Abschluss ein wunderbarer Kehraus: „Zehn nach elf“, ein fein gewobenes Lied über die Stimmung eines Künstlers nach einem großen Konzert, beim Herunterkommen in der Garderobe, beim Gang ins Hotel, beim nächtlichen Zappen durch die Fernsehprogramme – stets mit dem Wunsch und dem Zweifel, gerade jetzt am liebsten noch den Liebste oder die Liebste anrufen zu wollen. Kleines, feines Kino.

Am 30. September feiert Udo Jürgens Geburtstag. Am 24. Oktober geht er auf Tournee. Am 31. Oktober wird er in Stuttgart sein. Schleyer-Halle, wo sonst. Das wird dann sicher wieder ganz großes Kino.

Udo Jürgens: Mitten im Leben. Ariola (Sony). Ab 14,99 Euro.