Sie waren nie um eine Antwort verlegen?
Ich bin gerade in der Eurokrise von den Moderatoren in Mainz oft Dinge gefragt worden, die eigentlich nur jemand beantworten kann, der nicht als Journalist vor der Tür, sondern drinnen bei den Staats- und Regierungschefs war: Kommt der Beschluss jetzt zustande? Wird Griechenland gerettet? Wie lange gibt es den Euro noch? Oft hätte ich am liebsten geantwortet: Keine Ahnung, ich hoffe schon. Aber das wäre eine zu persönliche Bemerkung gewesen.
Als viel zu persönlich galt Ihr Geburtstagsständchen für die Kanzlerin. Die Bilder waren ein YouTube-Hit, und schnell war von zu großer Nähe zur Macht die Rede.
Ich muss klarstellen, wie das gewesen ist: Während des Wartens auf Merkels Pressekonferenz beim EU-Gipfel haben die Kollegen gesagt, dass wir eigentlich was zu ihrem runden Geburtstag machen müssen. Dann wurde mit Regierungssprecher Steffen Seibert vereinbart, dass ich die erste Frage bekomme, da ich als Stubenältester das Ständchen anstimmen sollte. Ich war enttäuscht, wie vielen Kollegen die Stimme versagt hat. Das Dumme war nur, dass ich das Mikrofon hatte. Mir ging durch den Kopf, ob ich abbrechen soll, aber irgendwie ging das nicht mehr. Aber ich schäme mich nicht, jemandem, der sechzig geworden ist, ein Ständchen gesungen zu haben. Aber die Häme und all das, was da hineininterpretiert wurde, hat mich schon getroffen.
Es gab eine Debatte darüber, wie nahe sich Journalisten und Politiker sein dürfen.
Ohne Nähe gibt es keine Informationen, ohne Distanz keine Unabhängigkeit. Es wird immer wichtiger, an originäre Informationen zu kommen. Dazu braucht man Kontakte. Dabei trotzdem Distanz zu wahren, ist Teil der Professionalität. Diese Distanz war auch stets gegeben – darauf habe ich strikt geachtet. Das heißt aber nicht, dass man sich nicht auch mal zusammensetzen und ein Gläschen zusammen trinken kann. Jemanden persönlich zu mögen, halte ich nicht für einen Makel, wenn jeder die Rolle des anderen versteht.
Jetzt verlassen Sie Brüssel. Wie hat Ihnen die Stadt gefallen?
Wir haben uns sehr wohl gefühlt in Brüssel. Ich mag die Belgier, ich mag die Stadt, auch wenn es eher eine zum Arbeiten ist. Aber zwei meiner drei Töchter wohnen in Berlin. Und die Brüsseler nehmen mir das nicht übel, wenn ich sage, dass Berlin doch ein wenig mehr zu bieten hat.
Werden Sie dort den Ruhestand genießen oder reizt Sie eine neue Aufgabe? Gibt es schon konkrete Pläne?
Ich arbeite künftig für die Bertelsmann-Stiftung, werde in dieser Funktion von Berlin aus Bertelsmann-Chefin Liz Mohn sowie den Vorstand zu europäischen Themen beraten. Ich möchte mich, an anderer Stelle als bisher, dafür einsetzen, dass der Euro und damit auch Europa nicht kippt.