Was tun mit alten Daunenjacken und Pelzmänteln? Unser Kolumnist rät: Wegwerfen wäre ein falsches Signal. Gerade in kalten Zeiten wie diesen.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - Als Mensch, der schon den einen oder anderen Winter hinter sich gebracht hat, weiß man vielleicht nicht alles, aber eines weiß man mit Sicherheit: Nichts ist so vergänglich und zuverlässig wie die Mode. Denn irgendwann kehrt jeder Trend wieder. Aber man braucht halt einen langen Atem. Und nicht alles, was man käuflich erworben hat, passt einem dreißig, vierzig Jahre später noch. Auch aus diesem Grund spricht einiges dafür, doch ein paar Nachfahren in die Welt zu setzen, die dann die lila Latzhosen, Holzfällerhemden und Strickpullover ihrer Erzeuger auftragen. Ein cleverer Zug, denn dann geht die Rechnung jener durchgeknallten Öko-Apostel nicht auf, für die jeder Neubürger in erster Linie ein Umweltproblem darstellt.

 

Katja Ebstein hatte den Anorak im Blick

„Wunder gibt es immer wieder“ sang in den siebziger Jahren Katja Ebstein – wohl, weil sie geahnt haben muss, dass einem das eine oder andere Kleidungsstück überraschenderweise doch noch passt, obwohl im Laufe der Jahrzehnte der Astralkörper leicht in die Breite gegangen ist. Konkret hatte Frau Ebstein vermutlich meinen blau-weißen Skianorak der Marke Happy Pack im Blick, den ich schätzungsweise im Alter von 18 Jahren gekauft habe. Drei- bis vierhundert Mark mag das Teil gekostet haben, was eine Menge Heu war.

Anorak kommt aus der Inuit-Sprache

Kennt man das Wort Anorak eigentlich noch? Ich habe das schon ewig nicht mehr gehört. Aber weil ich alt und weise bin und zudem auf Wikipedia zugreifen kann, weiß ich, dass das Wort Anorak aus der Sprache der westgrönländischen Inuit stammt, die man früher übrigens noch Eskimos nennen durfte. Aannoraaq bedeutet in der Inuit-Sprache „etwas gegen den Wind“. Und hier noch eine von Wikipedia geklaute Weisheit: „Ursprünglich wurden Anoraks aus Robbenfell genäht.“

Man steckt in der Daunenjacke nicht drin

Mit einem Robbenfell kann ich nicht dienen, aber immerhin mit einer Füllung, die auch nicht hundertprozentig politisch korrekt ist: mit Daunen. Von einer Modesachverständigen habe ich mir sagen lassen, dass man sich bis zum heutigen Tag nicht sicher sein könne, unter welchen Umständen das für die Füllung zuständige Federvieh gerupft wurde. Am liebsten wäre mir für meinen Skianorak, die Daunen kämen von einem Vogel, der hormonbedingt ohnehin gerade Federn lassen musste. Aber man steckt halt nicht drin in so einer der Daunenjacke. Doch deshalb das pfenniggute Stück ausmustern? Kommt überhaupt nicht infrage.

Dem Pelzträger geht es an den Kragen

Als kaltschnäuziger Zeitgenosse könnte man sich sagen: Nach einer vor 40 Jahren gerupften Gans kräht heute kein Hahn mehr. Stimmt zwar, aber in diesen ach so achtsamen Zeiten sollte man stets auch die sensibelsten seiner Zeitgenossen im Blick haben. Nach München jedenfalls würde ich mich mit meiner bestens isolierenden Altklamotte nicht trauen, wo ein Clubbesitzer selbst jenen Pelzträgern an den Kragen will, die ein Kunstfell zur Schau stellen. Bald geht’s ans Eingemachte, dann stehen auch Daunenträger am Pranger.

Ein Glücksfall für Kunstschaffende

Für Kunstschaffende kann es sich übrigens als Glücksfall erweisen, dass sich Damen aus besseren Kreisen heutzutage nicht mehr mit einem waschechten Pelz unters Volk trauen. Wer’s nicht glaubt, dem sei ein Besuch bei der Show „Der Jubel rollt“ des schwäbischen Komikertrios KGB empfohlen. Die Herren Otto Kuhnle, Michael Gaedt und Roland Baisch schenken zu Beginn eines Auftritts nicht nur Wodka ans Publikum aus. Auch die wunderschönen, bodenlangen Pelzmäntel, die die Künstler eingangs tragen, sind alles andere als Fake. Das Trio bekam die einst sündhaft teuren Stücke von Frauen geschenkt, die ihre Namen garantiert auf keiner Sponsorenliste lesen wollen.

Was echt ist, aber auf dem Index steht, darf auf der Bühne weiterleben. Das nennt man dann wohl Freiheit der Kunst.