Die Ibiza-Affäre hat Österreich erschüttert. Doch jetzt hat Wien seine erste Kanzlerin und Brigitte Bierlein ein Kabinett. Die Chancen für die nächsten Monate? Bis zur Wahl im Herbst stehen die Zeichen jetzt auf Stabilität.

Wien - Es war ein vielsagendes Bild, als Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen mit der neuen Kanzlerin Brigitte Bierlein vor einem Gemälde von Maria Theresia auftrat. Denn Österreich hat seine erste Bundeskanzlerin, und sie ist so unumstritten wie sicherlich noch keine Person im Regierungsamt zuvor. Von rechts und von links, von liberal bis national – alle loben ihre Kür.

 

Van der Bellen freut sich über Wiens sympathische Vertretung

Am Montag wurde auch das neue Kabinett vereidigt. Der Staatschef zeigt mittlerweile Routine darin. Denn der jetzigen Interregnums-Regierung ging eine weitere voraus, die nur eine kurze Zeit überbrücken durfte, weil sie nach drei Tagen im Amt durch das Parlament wieder abgesägt worden war. Alexander van der Bellen freute sich sichtlich darüber, dass mit der 69-jährigen Bierlein erstmals eine Frau an der Spitze der Wiener Regierung steht und meinte, dass Österreich nun „politisch, diplomatisch und sympathisch vertreten wird“.

Die Frauenquote im Kabinett liegt bei fünfzig Prozent

Erstmals sind in Österreich auch gleich viele Männer wie Frauen im Kabinett. Bei der Auswahl der Minister wurde sehr viel Wert darauf gelegt, Wünsche der fünf Parlamentsparteien zu berücksichtigen, aber gleichzeitig auch Persönlichkeiten auszuwählen, die für alle akzeptabel erscheinen.

Zwei wichtige Besetzungen standen bereits vergangene Woche fest: Das Außen- und das Justizressort. Der 70-jährige ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Clemens Jabloner wurde Justizminister, er hat sich als Chef der Historikerkommission von 1998 bis 2003 einen guten Ruf erworben. Der jetzige Vizekanzler und Justizminister wurde immer den Sozialdemokraten zugerechnet. Der neue Außenminister Alexander Schallenberg gilt hingegen als rechte Hand von Alt-Kanzler Sebastian Kurz, der wahrscheinlich im Herbst wieder Kanzler wird. Schallenberg war zuletzt im Bundeskanzleramt Leiter der EU-Koordinationssektion.

Viele neue Minister sind alte Hasen in ihren Ressorts

Auch andere Minister sind Experten, weil sie ohnehin schon lange im jeweiligen Ministerium gearbeitet haben. So wird Eduard Müller, der frühere Leiter der Sektion Eins im Finanzressort, Finanzminister. Auch die neue Sozialministerin Brigitte Zarfl, Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl und die Ministerin für Nachhaltigkeit Maria Patek, Frauenministerin Ines Stilling und Bildungsministerin Iris Eliisa Rauskala rücken an die Spitze ihrer angestammten Ressorts.

Die Klippen bei der Regierungsbildung sind jetzt umschifft

Umstritten im linken und liberalen Teil der Republik ist Verkehrsminister Andreas Reichhardt, der der FPÖ zugerechnet wird. Von ihm sind Fotos publik geworden, die ihn bei rechtsextremen Wehrsportübungen mit dem Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache zeigen. Gestritten wurde im Vorfeld auch über den Innenminister. Eigentlich sollte der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pilsl das Amt übernehmen. Dagegen protestierte die FPÖ. Nun hat den Posten Wolfgang Peschorn übernommen. Er war Leiter der Finanzprokuratur und hat sich bei der Aufarbeitung der Bankenaffäre um die Hypo Alpe-Adria einen Namen gemacht. Überrascht hat der neue Verteidigungsminister: Thomas Starlinger war bisher Militäradjutant des Präsidenten.

Doch insgesamt scheinen nun alle Parteien zufrieden mit dem Personaltableau. Damit ist davon auszugehen, dass die Regierung bis zur Bildung eines neuen Kabinetts nach den Wahlen im September im Amt bleiben wird. Van der Bellen hat in der Krise viel Ruhe und Zusammenhalt ausgestrahlt und auch am Montag die richtigen Worte gefunden.„Wir werden das schon schaffen, in guter österreichischer Manier“, meinte er. Dazu brauche es Zuversicht, Mut und das Gespräch. „Beim Reden kuman die Leut’ zam’“.