Die italienische Regierung legt Obergrenze fest, aber Investoren sind in höchster Sorge. Es droht ein großer Imageschaden.

Die extrem negative Reaktion der Finanzmärkte auf die geplante Einführung einer Sondersteuer auf „Übergewinne“ der Banken in Italien hat die Regierung in Rom veranlasst, Bestimmungen zu korrigieren und eine Obergrenze für die Steuer einzuführen. Die Institute machten daraufhin einen Teil ihrer Vortagesverluste wieder wett. Beobachter sehen jedoch negative wirtschaftlichen Folgen und einen Imageschaden für Italien bei Investoren.

 

Die italienischen Bankenwerte hatten am Dienstag fast zehn Milliarden Euro ihres Wertes verloren. Die Regierung kündigte deshalb am Mittwoch eine Obergrenze für die Sondersteuer an. Die Einnahmen aus der Steuer sollen 0,1 Prozent der Bilanzsumme der Institute nicht überschreiten. Damit würden die Gesamteinnahmen statt der von Analysten erwarteten vier bis fünf Milliarden Euro wohl unter zwei Milliarden Euro bleiben. Geplant ist ein Steuersatz von 40 Prozent nicht auf den Gewinnzuwachs sondern auf den Zinsüberschuss – und zwar auf den Zuwachs von 2022 gegenüber 2021 und von 2023 gegenüber 2022. Mit den Einnahmen will Rom unter anderem Steuersenkungen finanzieren.

Regierung will Steuersenkungen finanzieren

Die Maßnahme war mit der Notwendigkeit „sozialer Fairness“ begründet worden. Laut Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini sollen mit den Einnahmen einkommensschwache Familien unterstützt werden, die aufgrund des Zinsanstiegs bei Krediten mit variablen Zinssätzen Schwierigkeiten haben, die Raten ihrer Immobiliendarlehen zu bedienen. Außerdem soll damit ein Teil der geplanten Steuersenkungen finanziert werden. Angesichts der steigenden Zinsen, die den Schuldendienst des hoch verschuldeten Landes deutlich erhöhen, und der konjunkturellen Abkühlung braucht Rom dringend Mittel, um die im Wahlkampf versprochene Einführung der Flat Tax bis 2027 realisieren zu können.

Offizielle Reaktionen der Banken gab es nicht. In Bankenkreisen heißt es jedoch, internationale Investoren seien in großer Sorge. Lorenzo Bini Smaghi, Ex-Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) und Chairman der französischen Société Générale, ist der Auffassung, die Maßnahme könne das Wachstum bremsen, weil Institute ihre Kreditvergabe einschränkten. Er äußerte auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme.

Francesco Giavazzi, der sehr einflußreiche Ex-Berater des früheren Premierministers Mario Draghi, sieht das Risiko, dass Banken ihre Geschäftsmodelle ändern, um die Steuer zu vermeiden und Gewinne in andere Geschäftsfelder verschieben, auf die die Steuer nicht fällig wird. Der Zeitung „Corriere della Sera“ sagte er, die Banken, die in Italien einen großen Teil der Staatsanleihen des Landes halten, könnten womöglich weniger Bonds kaufen.

Banken weisen Rekordgewinne aus

Das träfe das hoch verschuldete Land hart, weil die Europäische Zentralbank den Kauf von Staatsanleihen eingestellt hat. Kritisiert wird in Bankenkreisen auch, dass die Maßnahme rückwirkend gelten soll. Sie träfe vor allem kleinere Banken, die besonders stark vom Zinsüberschuss abhingen.

Die Übergewinnsteuer ist Teil eines Maßnahmenpakets, das auch eine Erhöhung der Zahl der Taxilizenzen, Maßnahmen zur Begrenzung der Flugtarife, eine Verlängerung der großzügigen Hilfen für die ökologische Sanierung von Gebäuden sowie eine weitere Ausweitung der Golden-Power-Regelungen gegen die ausländische Übernahme von „strategischen“ Unternehmen vorsieht. Mit großer Aufmerksamkeit wurde in Italien registriert, dass Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti bei der Ankündigung fehlte, was auf Differenzen innerhalb der Regierung hindeutet. Er hatte eine Übergewinnsteuer noch vor zwei Monaten ausgeschlossen.

Italiens Banken haben für das erste Halbjahr Rekordgewinne ausgewiesen: Allein bei den sechs größten Banken des Landes stieg der Nettogewinn um 60 Prozent auf elf Milliarden Euro. Die Aktionäre werden mit Rekordausschüttungen in Form höherer Dividenden und Aktienrückkaufprogrammen beglückt.