Es gibt zu viele Straftaten, um alle zu veröffentlichen. Deswegen wählen die Pressestellen der Polizei aus. Das soll auch so bleiben, obwohl nach den Ereignissen von Köln eine Diskussion darüber geführt wird, ob die Polizei mehr herausgeben sollte.

Berlin - Der offizielle Kölner Polizeibericht vom Neujahrsmorgen hat schon jetzt gute Chancen auf den Titel der Untertreibung des Jahres: „Wie im Vorjahr verliefen die meisten Silvesterfeierlichkeiten auf den Rheinbrücken, in der Kölner Innenstadt und in Leverkusen friedlich“, heißt es da. Wegen dieser Informationspolitik steht die Polizei heftig in der Kritik. Aber nicht erst seit Köln wird – besonders in der aufgeheizten Debatte über Flüchtlinge – der Vorwurf erhoben, die Behörden verschwiegen Straftaten. Die Gerüchte hielten sich so hartnäckig, dass das Bundeskriminalamt im Oktober ein Lagebild in Auftrag gab, um belastbare Informationen zu erhalten. Das Ergebnis: „Es gibt durch Asylbewerber und Flüchtlinge keinen überproportionalen Anstieg der Kriminalität.“ Flüchtlinge würden ebenso oft straffällig wie andere Bevölkerungsgruppen.

 

Trotzdem bleibt die Frage: Warum stehen manche Straftaten im Polizeibericht und andere nicht? Würde in der 3,5-Millionen-Stadt Berlin alle gemeldeten Delikte geschildert, bräuchte die Polizei eine sehr personalstarke Redaktion. Mehr als eine halbe Million Straftaten registriert die Polizei im Jahr, das wären mehr als 1800 Meldungen pro Tag. Das erste Sieb für diese Taten ist der ganz normale Schreibverkehr zwischen den Dienststellen – die Pressestelle meldet nur, was sie von den Kollegen erfährt. Aber mitunter geht im Arbeitsalltag der Polizisten auch mal ein Fall unter, der theoretisch gemeldet hätte werden können. „Schwere Verbrechen melden wir alle“, sagt ein Berliner Polizeisprecher – dazu gehören 131 Tötungsdelikte.

Berliner Polizei hat neue Richtlinien

Aber schon längst nicht jede der mehr als 40 000 Körperverletzungen wird öffentlich. Behauptungen, Taten in Flüchtlingsunterkünften würden zurückhaltend behandelt, weist der Sprecher zurück: „Absoluter Quatsch. Für uns ist es egal, woher jemand kommt oder wo die Tat passiert ist.“ Anders als andere Polizeibehörden informiert Berlin nicht über die Nationalität oder Ethnie von Tätern. Die Diskussion nach der Silvesternacht von Köln jedoch hat in Berlin zum Umdenken geführt: Sie will die bisher geltende Praxis ändern, nach der nur ein Bruchteil der etwa 3000 angezeigten Sexualstraftaten berichtet wird. Bisher sei man wegen des Persönlichkeitsschutzes der Opfer extrem restriktiv vorgegangen, außer, wenn Täter konkret gesucht werden. Natürlich müsse dieser Schutz weiter gewahrt sein, aber künftig sollen Taten an die Fachdienststellen gemeldet und dort über eine Veröffentlichung entschieden werden.