Auf Kunst- und Pferdefreunde wartet am Bodensee zurzeit ein besonderes Schmankerl: eine Ausstellung über Pferde in der Kunst, dazu eine Fahrt in der Museumskutsche.

Die Stutenherde mit ihren Fohlen strahlt eine meditative Ruhe aus. Wie in einer Momentaufnahme hat der Künstler die Tiere auf seine Leinwand gebannt. Zu sehen ist das um 1800 entstandene Ölbild von George Stubbs im Städtischen Museum Überlingen am Bodensee. Rund 80 Exponate aus einer nochnie gezeigten Privatsammlung hängen dort dicht gedrängt. Sie werden ergänzt durcheinige Skulpturen sowie kostbare Barockbände. Ein Ausflugstipp nicht nur für Pferdefans.

Pferdedarstellungen vom ausgehenden Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert verspricht der Kunsthistoriker Thomas Hirthe den Besuchern, die sich für eine Führung durch die Ausstellung mit anschließender Fahrt in der Museumskutsche angemeldet haben. Erst die Theorie also, dann die Begegnung mit echten Rössern, kombiniert mit einer romantischen Fahrt ans Bodenseeufer.

 

Hirthe hat nicht zu viel versprochen: das Pferd als feurig-stolzes Statussymbol, mit dem sichh erausgeputzte Feldherren und Herrscher verewigen ließen, als armer Droschkengaul, als heroisches Kriegsross, als Jagdkamerad, Freizeitpferd und Sportgerät. Die Ölbilder, Drucke und Stiche ermöglichen eine Zeitreise durch die Geschichte, wobei die jeweilige Darstellung der Pferde in einem romantisierenden, realistischen oder schockierenden Umfeld viel über den vorherrschenden Zeitgeist aussagt.

Besonderes Interesse erregt im letzten Raum eine Skulptur von Dalí. Eine "sehr ins Erotische gedeutete" Darstellung des Einhornmythos, wie Hirthe seinen kunstinteressierten Zuhörern erläutert. Am Ausgang der Ausstellung steht eine kleine Skulptur mit regionalem Bezug. Sie greift die Ballade des Reiters über den gefrorenen Bodensee auf. Als er erfährt, was für eine Strecke er zurückgelegt hat, trifft ihn der Schlag.

Vor der Fahrt mit der Museumskutsche bleibt noch Zeit für einen Blick vom idyllischen Garten hinter dem Museum auf die historische Altstadt Überlingens. Die Sonne scheint, der Bodensee zeigt sichvon seiner schönsten Seite. Ein echtes Postkartenmotiv. Vor dem Museum steht die Kutsche abfahrtbereit. Die Belgischen Kaltblutpferde flößen Respekt ein. DochKutsch er Walter Tepel hat sie sicher im Griff.

Auf dem Kopfsteinpflaster klappern die mächtigen Hufe der beiden Wallache. Mit zwei PS geht es durch autofreie Gassen gemütlichin Richtung Münster, dem ersten Stopp der einstündigen Besichtigungstour. Die größte gotische Kirche am Bodensee heißt die Besucher mit Glockengeläut willkommen. Überlingen war früher eine der reichsten Städte der Region, erklärt Hirthe den angesichts des mächtigen Kirchenschiffs und der reichen Ausstattung staunenden Zuhörern. Wieder im Kremser geht es weiter zum Rathaus und zur Hofstatt, einem der schönsten Plätze der Altstadt. Passanten bleiben stehen und winken dem nostalgischen Gefährt zu. Als die zwei Kaltblüter vor dem Rathaus stoppen, nutzen Kinder die Gelegenheit und verwöhnen die Tiere mit ausführlichen Streicheleinheiten.

Es ist ein Ross entsprungen

Auf dem Weg zum Badgarten erweist sichdie Museumskutsche als Herausforderung für die PS-stärkere Konkurrenz. Doch sowohl Rösser als auch Autofahrer bleiben gelassen. Im Stadtgarten mit seinen alten Bäumen und vielen Blumenbeeten ist es dagegen wieder ruhig und erholsam. "Überlingen war bereits im 15. Jahrhundert für seine Mineralquellen berühmt", erzählt Hirthe den etwas überraschten Besuchern. "Ja, vielleicht sollten wir vor unserer Abreise doch nocheinen Besuchder Bodensee- Therme einplanen", greift jemand aus der Runde das Thema auf. Dann lenkt Walter Tepel die Museumskutsche zum Ziel der nostalgischen Fahrt, dem Landungsplatz. Die beiden Wallache wissen dies offensichtlich und beschleunigen ihr Tempo.

An der Bodenseepromenade parkt Tepel vor dem Lenkbrunnen. Ein passender Schluss. Denn dort sitzt ein berühmter Überlinger Bürger, der Schriftsteller Martin Walser, auf einem Pferd. Eine Szene mit verschlüsselter Symbolik: Das Pferd steht auf einer Eisscholle, die wiederum wird getragen von den Schwanzflossen zweier Seenixen. Wer dabei an den Reiter vom Bodensee denkt, hat beim theoretischen Teil der Exkursion gut aufgepasst.

Info: Die Ausstellung "Pferde. Kunst von Dürer bis Dalí" ist bis 31. Oktober im Städtischen Museum Überlingen zu sehen, Telefon 0 75 51/99 10 79, http://www.museum-ueberlingen.de. Dazu ist ein umfangreicher Bildband von Ruthild Kropp erschienen: "Pferde in Kunst und Literatur", Michael Imhof Verlag, 24,95 Euro.

Kutschfahrt: Die Museumskutsche startet am 4. Juli, 1. August, 5. September und 3. Oktober jeweils um 16 Uhr. Die Kombikarte (Kutschfahrt und Ausstellung) kostet 29,90 Euro, für Kinder 19,90 Euro. Tickets gibt’s nur im Vorverkauf bei der Touristinformation Überlingen, Telefon 0 75 51/9 47 15 22, http://www.ueberlingen.de und bei http://www.trap-gmbh.de/travel, Telefon 0 75 51/93 71 85.