Große Pläne, mieses Wetter: Fellbach geht mit seinem Beitrag für das Über:morgen-Festival im Wortsinne baden. Damit sich die Bürger trotzdem mit der Zukunft ihrer Stadt befassen können, sollen die Objekte länger ausgestellt bleiben. Lohnens- und sehenswert wäre das.

Das hatten sich alle – Organisatoren, Veranstalter und Publikum – ganz anders vorgestellt. Ein goldener, schön-warmer Oktobertag – und nicht diese kühlen 13 Grad plus Dauerregen, die dieser Tag tatsächlich bot. Und was dem Fellbacher Beitrag für das Über:morgen-Festival der Kultur-Region Stuttgart extrem zusetzte. Bei dem Festival, das am 23. September begonnen hat und noch bis 16. Oktober andauert, wird die Frage gestellt „Wie wollen wir in Zukunft leben?“ Im Angesicht von Klimawandel und technologischer Transformation wird dabei nach der Identität und den Werten der Region gefragt.

 

In Fellbach hat man diese Fragestellung in den Kontext der Triennale Kleinplastik und der IBA’27 gestellt und dazu drei Gewerbeflächen herangezogen, eine mobile Soundwand aufgebaut und Künstler aus der Triennale eingebunden. Eine interessante Idee. Doch das Wetter hat den IBA-Verantwortlichen bei der Stadt Fellbach, den Künstlern und den Studierenden der Kunstakademie und Universität Stuttgart sowie dem Kulturamt Fellbach am Sonntag eine herbe Überraschung bereitet.

Dem Programm fehlen die Teilnehmer

Vorgesehen waren mehrere geführte Spaziergänge am Nachmittag zu den ungewöhnlichen Kunst-, Musik- und Bauprojekten. Für die erste Führung zu den drei vornehmlich in weiß gestalteten Stationen der IBA’27 auf dem Gelände der Autowaschanlage der Firma Automax an der Max Planck-Straße, zum Kaufland-Parkplatz und zu einem Feldweg zwischen der Firma Gemüse Welz und dem Garten-Center Kölle hatten sich noch ein paar Interessierte eingefunden. Sie stammten überwiegend aus den eigenen Reihen oder waren Freunde der Studierenden. Die weiteren Führungen fanden mangels Beteiligung nicht mehr statt.

Madlen Wendt betreut bei der Stadt Fellbach das IBA-Projekt „Stadt, Feld, Bach“ und hofft nun, dass die drei Objekte an den jeweiligen Orten noch vier Wochen stehen bleiben können. Info-Tafeln sollen die Spaziergänger oder Parkplatznutzer dann über die Themen, die dort aufgegriffen werden, informieren. Es geht um Klimawandel und Klimaanpassung. Bei Automax etwa wird gezeigt, wie Abwasser wiederverwertet werden kann. Am Sonntag war dort in unmittelbarer Nähe jedoch die mobile Soundanlage der Kultur-Region aufgebaut und die Musik dermaßen laut, dass ein Gedankenaustausch zu dem Projekt nahezu unmöglich war.

Mäßiger Besucht wegen miesem Wetter

Auch an der Station der Jugendkunstschule Fellbach, wo aus dem Holz von Skatebrettern Schmuck hergestellt werden konnte, gab es nahezu keine Unterhaltung. Der Imbissstand des Vereins Kulturkabinett aus Bad Cannstatt war nur mäßig besucht. Künstler der Triennale legten Musik auf und erwiesen sich als versierte DJs, andere übten sich als Basketballspieler an einem aufgestellten Korb. Schließlich sollte das Gelände, das wie ein Open-Air-Club angelegt war, ein Verweilort sein und dem solidarischen Zusammenkommen dienen. Maja Heidenreich, Kulturamtsleiterin in Fellbach, und Elke aus dem Moore, Kuratorin der 15. Triennale, waren am „Ort des Zusammenkommens“. Ein Anliegen, das der Kuratorin sehr wichtig ist.

Spannende Konstruktionen zum Wasser sparen

Viel Arbeit hatten sich drei Teams von Studierenden gemacht, die am Freitag und Samstag an drei Stellen ihre im Sommer ersonnenen und in Handarbeit konstruierten Prototypen aufgebaut hatten. Sie bieten Lösungen, etwa für die Wiederverwertung von Wasser. Das Konstrukt neben der Autowaschanlage sieht bizarr aus. Eine ökologische Flusstreppe übernimmt dabei die Reinigung des Brauchwassers. Der Prototyp auf dem Kaufland-Parkplatz wiederum sieht aus wie ein Kunstwerk. Ob sich jemand auf die zweite Ebene der Konstruktion traut und setzen wird, um neben einer Sammelanlage von Regenwasser und unter einem Sonnensegel zu chillen war bei den Wetterverhältnissen am Sonntag nur schlecht vorstellbar. Auch der große Schriftzug auf dem Feldweg zwischen Welz und Kölle dürfte am Sonntag kaum jemandem aufgefallen sein. „Klimaschutz geht nur mit lokalem Anbau“, lautet die Botschaft. Es braucht ein Miteinander und gegenseitiges Wertschätzen von Landwirten und Bevölkerung.

Ulrich Dilger, IBA-Koordinator und Madlen Wendt von der städtischen IBA-Koordinationsstelle wollen Anfang 2023 mit einer weiteren Veranstaltung die Bevölkerung über die Fellbacher Ideen zur IBA informieren. Möglichst bei besserem Wetter.