Deutsche Unternehmen sind beliebt. Allein in diesem Jahr haben Finanzinvestoren hierzulande 210 Firmen übernommen – so viele wie nie zuvor. Darunter waren auch Milliardentransaktionen wie Stada oder der Plochinger Keramikhersteller Ceramtec. Experten sagen, warum die Kauflaune auch 2018 anhalten könnte.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Nach dem Rekordjahr 2017 könnte der Übernahmeappetit durch Finanzinvestoren auch im nächsten Jahr groß bleiben. „Für das kommende Jahr sind einige sehr große Transaktionen in der Pipeline, zudem bleiben die konjunkturellen Aussichten gut“, sagt Alexander Kron, Fusionsexperte der Unternehmensberatung EY. Er ist Leiter des Bereichs Transaction Advisory Services bei EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz und glaubt, dass 2018 erneut ein Rekordjahr werden könnte.

 

Das niedrige Zinsniveau habe den Private Equity-Fonds viel verfügbares Kapital in die Kassen gespült. Jetzt seien sie auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten. Allerdings müssten teilweise hohe Preise gezahlt werden, weil die Zahl wirklich attraktiver Transaktionsziele begrenzt sei. Firmen wie der Zählerableser Techem oder der Teleshopping-Sender HSE24 könnten möglicherweise begehrte Kandidaten sein.

Interesse auch an Joint Ventures und Minderheitsbeteiligungen

Finanzinvestoren seien dringend darauf angewiesen, ihr Kapital zu investieren, sagt auch EY-Partner Wolfgang Taudte. Sie würden mittlerweile auch innovativere Beteiligungsmöglichkeiten wie Joint Ventures oder Minderheitsbeteiligungen in die Überlegungen einbeziehen. Er sieht allerdings auch gewisse Risiken. Je nachdem wie die Brexit-Verhandlungen weiterliefen oder sich Nationalismus und Protektionsmus in einzelnen Ländern entwickelten. Das könne möglicherweise die Investitionstätigkeit bremsen. Allerdings könnten die sich ändernden Rahmenbedingungen auch eine Chance für Investoren sein. „Der Markt muss sich in Teilen neu aufstellen und eröffnet dadurch neue Möglichkeiten.“

EY-Experte Kron rät vor allem europäischen Investoren, mehr IT- und High-Tech-Wissen aufzubauen. US-amerikanische und chinesische Investoren seien hier oft weiter. „Letztlich geht es darum, Werte in den Unternehmen zu schaffen, die sich auch für strategische Investoren oder für einen Börsengang spannend machen.“ Finanzinvestoren müssten daran interessiert sein, neben dem Verkauf an andere Finanzinvestoren weitere Optionen für einen Ausstieg aus den Unternehmen zu haben.

Gesamtwert der Übernahmen 2017: 19,1 Milliarden Euro

2017 kauften Finanzinvestoren so viele deutsche Unternehmen wie noch nie. Unterm Strich waren es 210 Transaktionen mit einem Gesamtwert von 19,1 Milliarden Euro. Das war der zweithöchste Wert in Deutschland seit dem Vorkrisenjahr 2007 – damals hatten Finanzinvestoren hierzulande Unternehmen für 30,2 Milliarden Euro zugekauft. Lediglich 2016 lag das Volumen mit 20,8 Milliarden Euro knapp zehn Prozent höher.

Den größten Schub gab es im zweiten Halbjahr 2017 dank einiger Megadeals. Die größte Transaktion war der Kauf des im M-Dax notierten Pharmakonzerns Stada durch die Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven Partners für 5,2 Milliarden Euro. Der Kauf von großen, börsennotierten Unternehmen in Deutschland durch Finanzinvestoren sei noch sehr ungewöhnlich, sagt Kron. „Insofern war diese Übernahme auch ein Zeichen für das Selbstvertrauen, das Finanzinvestoren derzeit mitbringen.“ Cinven war auch an der zweitgrößten Transaktion des Jahres beteiligt – dieses Mal aber als Verkäufer. Der Plochinger Hersteller von Keramikkomponenten Ceramtec ging für 2,6 Milliarden Euro an das Bieterkonsortium BC Partners. Drittgrößte Transaktion war der Kauf eines 50-Prozent-Anteils am Windpark Borkum Riffgrund 2 durch Global Infrastructure Partners für knapp 1,2 Milliarden Euro.

Ein treibender Faktor bleiben EY zu folge so genannte Secondary Buyouts, also Verkäufe an andere Finanzinvestoren. Insgesamt kam es 2017 zu 52 solcher Transaktionen im Wert von 7,5 Milliarden Euro.