Zwei Überschallknalle am Mittwoch über Stuttgart stammten von Eurofightern, die aufgestiegen sind, weil der Funkkontakt zu einer ägyptischen Frachtmaschine abgebrochen war. Solche Einsätze kommen immer wieder vor.

Stuttgart - Es ist ein ungewöhnlicher Lärm gewesen, der am Mittwochnachmittag über Stuttgart ertönte. Innerhalb nur einer Sekunde hatte es über der Landeshauptstadt und der Region zwei Mal laut geknallt. Die Geräusche jagten vielen Bürgern einen Schrecken ein. Ausgelöst worden waren die Geräusche von zwei Jets der Bundeswehr, die sich an die Fersen einer Frachtmaschine hefteten, weil deren Funkkontakt zum Boden abgebrochen war.

 

Solche Einsätze kommen nach Angaben der Bundeswehr „immer wieder vor“, wenn Piloten beim Wechsel von einem nationalen Flugraum in den nächsten einen kleinen Fehler begehen, der das Militär aufschreckt. „Die Piloten müssen beim einem solchen Wechsel manuell umschalten. Das geschieht nicht automatisch. Wenn sie das vergessen, schicken wir Jets zu Begleitflügen hoch“, erklärt ein Sprecher des Zentrums für Luftoperationen der Luftwaffe der Bundeswehr in Kalkar bei Düsseldorf auf Anfrage.

Nach Angaben des Luftfahrtamtes des Bundeswehr war genau dieser Fehler der Pilotencrew des Frachtfliegers einer ägyptischen Fluggesellschaft auf dem Weg von Kairo nach Köln am Mittwochnachmittag unterlaufen. Nach dem Eintritt in den deutschen Luftraum war der Funkkontakt wegen des Malheurs für einige Zeit unterbrochen. Daraufhin machten sich über dem bayerischen Lechfeld bei Augsburg gegen 16 Uhr zwei Eurofighter Typhoon auf den Weg. Diese verfolgten den Airbus vom Typ Airbus A 300/622R und holten ihn rasch ein. Dabei erreichten die beiden Jets Überschallgeschwindigkeit. Durch das Durchbrechen der Schallmauer, also bei fast Tempo 1200, wurden die beiden lauten Knalle erzeugt, die gegen 16.30 Uhr in Stuttgart und vielerorts in der Region ganz deutlich zu hören gewesen sind.

Wenn die Technik defekt ist, ist Handarbeit angesagt

Man kann sich die Gesichter der Pilotencrew in dem Cargo-Jet vorstellen, als ihre Maschine plötzlich links und rechts von zwei Eurofightern flankiert wurde. „Sie haben auch sofort den Grund dafür erkannt und den Funkkontakt zur Luftsicherung in Deutschland aufgebaut“, berichtet ein Pressesprecher der Luftwaffe. Danach drehten die beiden Militärjets auch gleich wieder ab und landeten.

Da das Aktivieren der entsprechenden Funkkontakte nicht automatisch, sondern manuell erfolgt, kommen solch brenzligen Situationen immer wieder vor, so der Pressesprecher des Zentrums für Luftoperationen der Luftwaffe. Es habe aber auch schon Fälle gegeben, bei denen dieses Umschalten wegen eines technischen Defekts nicht möglich gewesen sei. In solchen Fällen ist Handarbeit angesagt. Die Piloten und Co-Piloten seien auf Papier und dicke Filzstifte angewiesen. Mit fünfstelligen Buchstabenkombinationen könne damit zwischen den Jets und den Fliegern kommuniziert werden. „Die Piloten fliegen dann so nah an die Flugzeuge heran, bis die Buchstaben zu entziffern sind“, sagt der Pressesprecher der Bundeswehr. Die Jets setzen sich dann vor die Passagier- oder Frachtmaschinen und lotsen sie zu einem Flughafen. Auf dieses Vorgehen habe man sich international geeinigt.

Ähnlich handele man auch in Fällen, bei denen in den großen Fliegern die Navigation ausgefallen ist. Dann fliegen die Militärjets den Flugzeugen ebenfalls vorneweg. Gleichzeitig geben die Lotsen am Boden den Piloten anderer Maschinen, die im selben oder angrenzenden Luftraum unterwegs sind, Anweisungen, ihren jeweiligen Kurs zu ändern, um Kollisionen zu vermeiden. Solche sogenannten Schutz- und Begleitflüge sind laut dem Luftfahrtamt der Bundeswehr ein wichtiger Teil der militärischen Flugraumüberwachung

Über einen Abschuss muss die Regierung entscheiden

Dieses sogenannte Air Policing beinhaltet je nach Gefährdungsgrad unterschiedliche Einsatzszenarien, zu denen der Begleitflug und die Kontaktaufnahme durch bloßes Erscheinen zu den harmlosen gehört. Dafür richtete die Bundeswehr vor einigen Jahren extra sogenannte Alarmrotten der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ ein. Auf den Stützpunkten in Wittmund/Ostfriesland im Norden und in Neuburg an der Donau/Oberbayern im Süden stehen rund um die Uhr jeweils zwei Eurofighter bereit. Im Fall der ägyptischen Frachtmaschine wurden indes zwei andere Jets der Bundeswehr eingesetzt, die sich wegen einer Übung ohnehin bereits in der Luft befunden hatten.

Bei Flugzeugen, deren Cockpit-Besatzung nicht reagiert, sind verschiedene Flugmanöver möglich, die in Deutschland bisher aber noch nicht angewandt werden mussten. Der Notfallplan sieht auch Abdrängmanöver vor. Warnschüsse wären vom diensthabenden General freizugeben. Für die letzte Option, den Abschuss einer Maschine bei einem zu befürchtenden Terroranschlag, müsste das Bundeskabinett zusammengerufen werden, um darüber zu entscheiden, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.