Dortmunds Rekordtorschütze Erling Haaland ist auch der Liebling der Datensammler. Die Spieltags-Beobachtung von Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Dortmund - Jeder, der auch nur mit einem Auge und einem Ohr den 19. Spieltag verfolgt hat, kennt diese beiden Zahlen: 5 und 57. Dortmunds neuer Stürmer Erling Haaland hat für seine ersten fünf Tore gerade einmal 57 Minuten gebraucht. Bundesliga-Rekord! Aber kein Europarekord. 1986 hat der ebenfalls 19 Jahre alte Bulgare Ilja Jossifov für seine ersten fünf Erstligatreffer bei Levski Spartak Sofia nur 54 Minuten benötigt.

 

Stopp und Entschuldigung.

Der bulgarische Stürmer Ilja Jossifov und sein Rekord sind eine komplett freie Erfindung. Nur um einmal diesen einen berühmten Satz verwenden zu können – inklusive Klugscheißer-Zusatz: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Diese Weisheit stammt nicht wie häufig angenommen von Winston Churchill, sondern vom 1967 verstorbenen Berliner Landesbischof Otto Dibelius. Jetzt soll es hier aber ausschließlich um ungefälschte Statistiken gehen.

Die Datensammlerei wird im Fußball immer mehr zu einer Boombranche, wie der Fall Erling Haaland verdeutlicht. Statistik-Unternehmen wie Opta, Prozone, Match Analytics oder Deltatre hauen in den sozialen Medien dazu eine Eilmeldung nach der anderen raus.

Daneben machen sich auch die Wettanbieter den Rummel um den Norweger zunutze. Man kann bereits in diversen Variationen sein Geld auf den in der Winterpause gekommenen Jungstar setzen. So liegt die Quote bei den Glücksspielfirmen derzeit zwischen 150 und 250, wenn man darauf wettet, dass Haaland in dieser Saison noch Bundesliga-Torschützenkönig wird. Momentan liegt er nur 16 Treffer hinter Robert Lewandowski.

Zahlenwucher im Fernsehen

Haaland mischt den Statistikbereich ganz schön auf. Dieser stieß aber schon davor auf wachsendes Interesse. Nur so ist zu erklären, dass im Fernsehen Zahlenwucher betrieben wird. Ständig werden Statistiken eingeblendet: Schüsse aufs Tor, Schüsse neben das Tor, angekommene und nicht angekommene Pässe, Ballbesitz- und Zweikampfquote. Besonders beliebt: die Laufleistung der Spieler in Kilometern – was womöglich dazu führt, dass Torhüter vermehrt Ausflüge aus dem Strafraum unternehmen, um in dieser Kategorie nicht ganz so extrem den Kollegen hinterherzuhinken.

Sinn und Zweck von Fußballstatistiken sind umstritten. Besonders fragwürdig wird es, wenn mal wieder die Mannschaft ein Spiel gewinnt, die in den Statistik-Kategorien deutlich schlechter dasteht als der Gegner. Der Fußball ist eben nicht so einfach in aussagekräftige Zahlen zu gießen wie die komplett datenerfassten US-Sportarten Football und Baseball. Was ist eigentlich aus dem Packing geworden? Das war vor ein paar Jahren der heißeste Scheiß in der Datenerfassung. Dabei wurden die Gegenspieler addiert, die durch einen Pass überspielt wurden. Eine interessante Kennzahl, die aber offenbar auch keinen Zusammenhang zwischen Sieg und Niederlage herstellen konnte.

Eine weitere Statistik dieses Bundesliga-Spieltags: Der Paderborner Klaus Gjasula ist nach dem Uerdinger Helmut Rahner der zweite Spieler, der es geschafft hat, innerhalb von 18 Spielen zehn Gelbe Karten zu kassieren. Noch interessanter ist jedoch, wie der der gebürtige Albaner zu seinem Vornamen gekommen ist. Seine Mutter war ein großer Fan der „Schwarzwaldklinik“, insbesondere von Professor Klaus Brinkmann, dargestellt von Klausjürgen Wussow. Und so gab sie ihren beiden Söhnen die in Tirana eher unüblichen Namen Klaus und Jürgen.