Seit 2017 muss sich der Bundesnachrichtendienst an verbindliche Regeln halten, wenn er die weltweiten Datenströme durchforstet. Werden bei der Massenüberwachung trotzdem Grundrechte verletzt?

Karlsruhe - Bürgerrechtler und Journalisten werfen dem Bundesnachrichtendienst (BND) weltweite Rechtsverletzungen vor - am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über ihre Klage. Muss sich der deutsche Auslandsgeheimdienst in Zukunft bei seinen Überwachungsaktivitäten genauer auf die Finger schauen lassen?

 

In dem Verfahren geht es um die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne konkreten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen.

Deutsche Bürger dürfen nicht auf diese Weise überwacht werden. Der BND versucht deshalb, ihre Kommunikation vor der inhaltlichen Auswertung auszusortieren. Die gewonnenen Daten werden auch für ausländische Partnerdienste ausgewertet oder an diese weitergegeben.

Laut Kritiker gebe es viele Schlupflöcher

Seit Anfang 2017 gibt es im reformierten BND-Gesetz dafür zum ersten Mal eine rechtliche Grundlage. Aber die Kläger kritisieren die Beschränkungen und Kontrollen als unzureichend. Es gebe viele Schlupflöcher, Daten von Deutschen würden nicht verlässlich gelöscht. So laufe letztlich jeder Gefahr, zu Unrecht ausgespäht zu werden. Besonders gefährdet seien Journalisten, die mit ausländischen Partnermedien oder lokalen Kollegen zusammenarbeiten.

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Für die Klage in Karlsruhe haben sich die Berliner Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Reporter ohne Grenzen (ROG) und andere Medienorganisationen mit ausländischen Journalisten zusammengetan. Sie wollen erreichen, dass das BND-Gesetz nachgebessert wird. Es geht auch um die grundsätzliche Frage, ob deutsche Behörden sich im Umgang mit Ausländern im Ausland an die Grundrechte halten müssen.

Anschläge auf Bundeswehr-Soldaten verhindert

Bundesregierung und BND halten die gewonnenen Informationen für unverzichtbar. Sie hätten schon Anschläge auf Bundeswehr-Soldaten verhindert und kämen bei Entführungen, Cyberangriffen und Terrorgefahr zum Einsatz, hatte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in der Verhandlung im Januar gesagt. Die Funktionsfähigkeit der Nachrichtengewinnung dürfe nicht beeinträchtigt werden.

BND-Mitarbeiter hatten den Richtern geschildert, dass E-Mails, Nachrichten und Telefonate von Deutschen größtenteils durch technische Filter ausgesiebt würden - zum Beispiel indem nach der Ländervorwahl „0049“ oder allen Adressen mit der Endung „.de“ gesucht werde. Problematische Inhalte wie die Kommunikation von Journalisten, Anwälten oder Ärzten würden zwar meist erst durch den Bearbeiter entdeckt. Dieser sei aber unverzüglich zur Löschung verpflichtet.

Insgesamt war der Eindruck entstanden, dass vieles intern sehr sorgfältig organisiert ist, obwohl es im Gesetz nicht so genau steht. Vertreter der zuständigen Kontrollgremien hatten außerdem ein weitgehend positives Fazit gezogen.