Nach einer langen Saison mit zwei Vizeweltmeistertiteln und dem vierten Platz in der Weltcup-Gesamtwertung legt Simon Schempp, der beste deutsche Biathlet dieses Winters, zum Feiern einen Zwischenstopp in seiner Heimatstadt ein.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Uhingen - Erst, als das letzte Autogramm geschrieben, das letzte Foto gemacht und die wirklich allerletzten Worte gewechselt sind, kann Simon Schempp einen Moment innehalten. Auch wenn der Empfang im Uditorium, für den sich Uhingen jede Menge Zeit nimmt, sicher nicht ganz so anstrengend ist wie ein Einzelrennen über 20 Kilometer, muss der beste deutsche Biathlet dieses Winters eine gute Kondition beweisen, um alle Wünsche der gut und gerne 300 Besucher zu erfüllen.

 

Glückwünsche hier, Grußworte da, ein Interview auf der Bühne und sogar eine Live-Schaltung in die Abendschau des SWR-Fernsehens: der 27-Jährige präsentiert sich so, wie er das auch in seinem Sport zu tun pflegt – bodenständig, sympathisch und mit feinem Humor. Diese Eigenschaften loben alle Festredner, aber auch einer, der die Skijäger-Szene wie kaum ein anderer als Fan begleitet. Norbert Starke, den die Biathlon-Fernsehzuschauer als den „Mann mit den Pins am Hut“ kennen, ist eigens aus Köln angereist, um Simon Schempp seine Aufwartung zu machen.

Der Biathlon Super-Fan erweist Schempp die Ehre

Der 75 Jahre alte gebürtige Berliner, der 1991, als er für den Zoll in Erfurt tätig war, bei einem Wettkampf in Oberhof vom Biathlon-Virus gepackt worden ist, findet, „dass der Simon einfach ein netter Kerl und ein toller Gesprächspartner ist“. Für den Pensionär, der für „seinen“ Sport rund um die Welt gondelt und im Sommer sogar noch arbeiten geht, um im Winter den Biathleten hinterherfahren zu können, war es deshalb keine Frage, „hierher nach Uhingen zu kommen, um Simon die Ehre für seine wirklich exzellenten Leistungen zu erweisen“.

Das haben viele andere natürlich auch getan, darunter der Göppinger Landrat Edgar Wolff, der sich freut, dass Schempp den Werbeslogan des Landkreises, „Überraschend besser“, perfekt umgesetzt habe. Ebenfalls gekommen war, trotz eines erst unlängst erlittenen Kreuzbandrisses, der Präsident des Deutschen Skiverbands, Franz Steinle, der von einer „großartigen Saison“ spricht und deutlich macht, „wie wichtig einer wie Simon Schempp für das gesamte deutsche Team ist“.

Wittlinger: Ein Sympathieträger für unsere Stadt

Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger hatte gar seinen Urlaub unterbrochen, „weil es mir immer eine Freude ist, den besten Sympathieträger, den unsere Stadt haben kann, zu treffen“. Dass der Vorzeigesportler mittlerweile in Ruhpolding lebe, tue der Sache keinen Abbruch. „Es ist ja eh schon mehr als erstaunlich, dass Uhingen bei der in aller Regel herrschenden Schneelage einen solchen Top-Biathleten hervorbringt“, fügt der Schultes hinzu.

Dass dem so ist, liegt nicht zuletzt an der rührigen Skizunft, die, ebenso wie der 1. Simon-Schempp-Fanclub, ihren Teil zum Gelingen des Abends beitrug. Willi Hahner, der hier wie dort als Vorsitzender agiert, lässt denn auch nicht nur die Weltcup- und WM-Saison Revue passieren, er macht ebenso deutlich, welche Magnet- und Vorbildfunktion „unser Simon“ gerade für den Nachwuchs der Skizunft erfülle.

Dass Schempp, bei aller Tingelei mit dem Weltcup-Zirkus und trotz seines Domizils in den Chiemgauer Alpen, Uhingen nach wie vor als sein Zuhause empfindet, wird gleich in mehrerlei Hinsicht deutlich. Aus seinem eigenen Ausrüstungsfundus, stellte er Klamotten, Schuhe und etliche Dinge mehr zur Verfügung, die gegen eine Spende für die Skizunft-Jugend mitgenommen werden konnten. Und er redete und redete: mit Bekannten, Freunden und den früheren Nachbarn, die unter den Fans wegen ihrer eigens angefertigten Schals mit dem Aufdruck „Die Benzstraße grüßt ihren Simon“, auszumachen waren.

Vorbereitung auf den nächsten Winter beginnt im Mai

Schließlich stellt er sich noch geduldig einem langen Fragenkatalog des Sportjournalisten Harald Betz. Dieser will unter anderem wissen, warum sich Schempp nach dem Ende der Saison noch den Stress antut, in der nächsten Woche bei einem Schauwettkampf im sibirischen Tjumen anzutreten. „Ich fliege da hin, weil’s mir in Russland so gut gefallen hat“, antwortet Schempp mit einem schelmischen Grinsen und einem Rückblick auf das windverwehte Saisonfinale in Khanty-Mansiysk. „Nein, im Ernst, dort macht im nächsten Jahr der Weltcup erstmals Station, und ich will mir die Strecken anschauen“, ergänzt er.

Danach gehe es dann endlich in den Urlaub. „Irgendwohin, Hauptsache an den Strand.“ Bereits im Mai beginnt die Vorbereitung auf den nächsten Winter. „Wegen mir, darf die Saison gerne noch etwas besser werden“, sagt der Top-Biathlet.