Der Autozulieferer Allgaier in Uhingen, die Firma des früheren Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt, gehört jetzt einem chinesischen Investor. Wer steckt dahinter und welche Pläne haben die Chinesen?

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Der frühere Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat sein Unternehmen an den chinesischen Investor Westron Group verkauft, der nun 88,9 Prozent der Anteile an Allgaier hält. Der schwäbische Mittelständler soll unter dem neuen Eigentümer erfolgreich weiterentwickelt werden – in beiden Geschäftsbereichen, Automotive und Prozesstechnologie.

 

„Ich freue mich, dass wir mit der Westron Group einen Investor für die Allgaier-Group gewinnen konnten, der mit seiner Erfahrung und seinen finanziellen Möglichkeiten die Allgaier-Group erfolgreich in die Zukunft führen und allen Mitarbeitern eine hervorragende Perspektive geben wird“, lässt sich Dieter Hundt in der Mitteilung des Unternehmens zitieren. Die bisherigen Gespräche seien in einer vertrauensvollen und zielorientierten Atmosphäre verlaufen, „was mir die Hoffnung gibt, dass die jahrzehntelange erfolgreiche Entwicklung der Allgaier-Group in Zukunft fortgesetzt wird“, so Hundt.

Mit der Übernahme durch Westron ist auch die Einbringung zusätzlichen Eigenkapitals verbunden, zudem wollen sich die neuen Partner auch operativ einbringen, wobei künftig der Markt in China und Asien eine zentrale Rolle spielen solle. Alle Verträge mit Mitarbeitern, Finanzierern und Kunden würden aufrechterhalten, heißt es weiter.

Nach Hundt ist eine Straße in China benannt

Hundt, der sich stets für den Standort Deutschland stark gemacht hat, hat seit vielen Jahren gute Beziehungen nach China. 2015 wurde wegen seiner besonderen Verdienste für den chinesisch-deutschen Austausch sogar im Industriepark der südchinesischen Millionenmetropole Jieyang eine Straße nach ihm benannt – die „Dieter Hundt Allee“. Hundt ist weit über das Unternehmen und Baden-Württemberg bekannt. Der heute 83-Jährige hat wie kaum ein anderer die Tariflandschaft der deutschen Industrie geprägt, die Allgaier-Werke zum Vorzeigeunternehmen gemacht und auch jahrelang beim VfB eine wichtige Rolle gespielt.

Das Bundeswirtschaftsministerium, das bei Übernahmen durch Nicht-EU-Ausländer ein Veto einlegen kann, hat nach einem Investitionsprüfverfahren dem Verkauf zugestimmt – schon im Februar, wie Allgaier mitteilte.

Westron hält bereits eine Beteiligung im Südwesten

Bei der Westron Group handelt es sich den Angaben zufolge um ein Industrieunternehmen, dessen Investmentsparte sich auf den Automobil- und Technologiesektor konzentriert. Die Gruppe hält Beteiligungen an verschiedenen Unternehmen in China und Deutschland, deren Produktportfolio Fahrwerk, Antriebssysteme und Connectivity umfasst. Im Jahr 2018 etwa übernahm Westron zusammen mit einem Hongkonger Investor das Gemeinschaftsunternehmen BMTS (Bosch Mahle Turbo Systems) mit damals 1300 Mitarbeitern.

Gesellschafter und Partner der Westron Group sind frühere Führungskräfte aus multinationalen Unternehmen mit langjähriger Managementerfahrung im Industriesektor. „Die Allgaier-Group verfügt über eine exzellente Reputation in der Automobil- und Umwelt- sowie Recyclingindustrie und ist ausgesprochen robust und erfolgreich durch die Krisen der letzten Jahre gekommen“, wird Scanny Cai, Partner der Westron Group, zitiert. „Wir sehen bereits im Jahr 2022 einen deutlichen Umsatzanstieg und einen guten Auftragseingang in beiden Geschäftsbereichen. Auf dieser Basis wollen wir gemeinsam mit dem Management, den Mitarbeitern und den Kunden die Allgaier-Group global stärken und weiterentwickeln.“

Belegschaft ist „froh“ über den Investor

Auch die rund 1800 Allgaier-Mitarbeiter haben jetzt Klarheit und können aufatmen. „Die Belegschaft ist sehr froh mit der Westron Group einen Investor gefunden zu haben, mit dem der wirtschaftliche Erfolg und vor allem der damit verbundene Erhalt unser aller Arbeitsplätze gesichert werden kann“, so der Betriebsratsvorsitzende Stilianos Barembas.

Ob sich die geopolitischen Spannungen mit China auf das Engagement auswirken, wird sich zeigen. Allgaier ist nicht das einzige Unternehmen mit einem chinesischen Investor – im Südwesten gibt es viele. Mittlerweile werden immer mehr Rufe laut – auch aus der Politik –, dass sich Unternehmen, vor allem aus der Automobilindustrie, stärker diversifizieren und ihre Abhängigkeit von China reduzieren sollen.

Die Allgaier-Geschäftsführung hatte bereits im Sommer 2021 angekündigt, dass der Autozulieferer und Prozesstechnikhersteller auf Investorensuche ist, weil eine weitere Stärkung des Eigenkapitals nötig sei, das seit dem Jahr 2019 geschrumpft war. Das Unternehmen, das massiv Aufträge eingebüßt hatte, war in schwieriges Fahrwasser geraten und hatte Ende 2020 mit der Unterstützung der Banken und einer Landesbürgschaft die Finanzierung bis Ende 2023 sichern können.

Auftragseingang erreicht Höchststand

Die Restrukturierung mit Sanierungsbeiträgen der Mitarbeiter und der Neuausrichtung sei in den Jahren 2020 bis 2022 durch die Covid-Pandemie und sich dann anschließenden Engpässen bei der Belieferung von Rohstoffen und Halbleitern sowie durch den Ukraine-Krieg erschwert worden. Trotzdem sei das operative Ergebnis in den Jahren 2020 und 2021 positiv gewesen. Die Verschuldung wurde um 30 Millionen Euro auf „einen deutlich verbesserten Verschuldungsgrad abgebaut“, heißt es in der Mitteilung weiter. 2021 erreichte der Auftragseingang mit 650 Millionen Euro einen Höchststand.