Der Ukraine-Krieg verläuft für die russischen Streitkräfte nicht nach Plan. Es wird befürchtet, dass Präsident Wladimir Putin bei der traditionellen Militärparade am 9. Mai auf dem Roten Platz in Moskau den Kriegszustand und die Generalmobilmachung ausrufen könnte. Wir erklären, was sich hinter diesem Vorgang verbirgt.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat vor der Gefahr einer weiteren Verschärfung des Ukraine-Krieges durch eine russische Generalmobilmachung gewarnt. „Man muss befürchten, dass Wladimir Putin am 9. Mai die Generalmobilmachung bekannt gibt“, sagt der CDU-Politiker. „Wenn es dazu käme, wäre dies eine ungeheure Eskalation des Krieges“, warnt Kiesewetter, der CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag bei dessen Reise in die Ukraine begleitete.
Am 9. Mai wird in Moskau jährlich mit einer Militärparade an den Sieg Russlands über Hitler-Deutschland 1945 erinnert. Mit Spannung wird dabei die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin erwartet.
Ruft Putin den Kriegszustand aus?
Auch in der Ukraine sorgt man sich vor einer deutlichen Ausweitung des Krieges und der russischen Angriffe in den kommenden Wochen.
Ukrainische Medien griffen einen Bericht des US-Senders CNN zu Spekulationen auf, dass Putin bereits in wenigen Tagen in Russland den Kriegszustand verhängen und eine Generalmobilmachung anordnen könnte.
Der Chef der ukrainischen Militäraufklärung, Kyrylo Budanow, sprach ebenfalls von russischen Vorbereitungen auf eine offene Mobilisierung von Soldaten und Reservisten. Belege dafür gibt es bislang aber nicht.
Moskau reagierte bisher nicht auf diese Gerüchte. In den ersten Wochen nach dem Angriff auf das Nachbarland am 24. Februar hatte Moskau entsprechende Sorgen der eigenen Bevölkerung kommentiert und betont, dass eine Generalmobilmachung nicht geplant sei.
Was bedeutet Mobilmachung?
Generalmobilmachung oder Mobilmachung ist ein militärischer Fachbegriff. Er bedeutet, dass in Krisen- und Kriegszeiten nicht aktive Truppenteile – sogenannte Reservisten – zum Militär und zu den Teilstreitkräften wie Heer, Luftwaffe und Marine einberufen werden.
Diese Reservisten haben ihren Militärdienst abgeleistet und arbeiten inzwischen in Zivilberufen. Im Falle einer eskalierenden Lage werden sie wieder einberufen, um als Soldaten in der Logistik oder bei der kämpfenden Truppe eingesetzt werden zu können.
Eine Mobilmachung kann ausgerufen werden, wenn etwa ein Staat droht, in einen anderen einzumarschieren oder die militärische Lage in einem bewaffneten Konflikt ausgeweitet wird.
In einem solchen Fall muss das Militär des bedrohten Landes versuchen, sich auf diesen möglichen Einmarsch vorzubereiten. Deshalb werden alle Personen mobilisiert, die bei der Verteidigung des Staatsgebietes oder einer Invasion mithelfen könnten.
Wie läuft eine Mobilmachung ab?
Bei einer Mobilmachung werden zuerst aktive und teilaktive Soldaten, die noch nicht in dem Konflikt involviert sind, ausgerüstet und mit Befehlen versehen, um ihre sogenannten Friedensstandorte zu verlassen und in den Kampfeinsatz zu ziehen.
Bei einer Generalmobilmachung können darüberhinaus alle verfügbaren Reserven zu den Waffen gerufen werden. Bei einer Teilmobilmachung werden lediglich Teile von Armee, Luftwaffe und Marine herangezogen. Die Mobilmachung kann offen oder verdeckt erfolgen.
Generalmobilmachung in der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am 25. Februar eine allgemeine Mobilmachung angeordnet. Die Anordnung sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor und gilt 90 Tage lang.
In der Ukraine sind aktuell alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren von der Generalmobilmachung betroffen.
Verteidigungsfall in Deutschland
Als sogenannte personelle Mobilmachung wird bei der Bundeswehr die Mobilisierung der Reservisten, die ihren aktiven Dienst beendet haben, bezeichnet. Die aktive Truppe der Bundeswehr zählt derzeit knapp 184 000 Soldaten. Rund 900 000 wehrrechtlich verfügbare Reservisten stünden zudem bereit.
Der Verteidigungsfall (auch „V-Fall“ genannt) wird in Deutschland ausgerufen, wenn das Staatsgebiet mit „Waffengewalt“ von außen angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht. Der Verteidigungsfall ist im Abschnitt Xa (Art. 115a bis Art. 115l) des Grundgesetzes geregelt.