Ukraine-Krieg Wir brauchen Frieden – aber nicht diese Friedensbewegung
Der Wunsch nach Frieden im Ukraine-Krieg ist verständlich – doch die derzeitige Friedensbewegung wird ihrem Namen nicht gerecht, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.
Der Wunsch nach Frieden im Ukraine-Krieg ist verständlich – doch die derzeitige Friedensbewegung wird ihrem Namen nicht gerecht, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.
Wenn man auf die zerstörten Städte in der Ukraine blickt, auf die verwüsteten Landstriche und die frischen Gräber, dann scheint es ziemlich klar, was dieses Land braucht. Dann möchte man rufen: Hört auf zu schießen, sofort! Dann muss Frieden das einzig Richtige sein. Oder?
Doch in der aktuellen Debatte wird nur selten vom Frieden gesprochen. Die Grünen, die sich einmal als pazifistisch verstanden haben, fordern immer neue Waffenlieferungen für die Ukraine. Und ausgerechnet ein sozialdemokratischer Bundeskanzler treibt eine nie dagewesene Aufrüstung der Bundeswehr voran.
Wer Frieden fordert, hat eigentlich immer Recht. Das Problem ist nur: Wie alles im Leben hat auch der Frieden seinen Preis. Und nicht jeder Frieden bringt Freiheit. Er kann auch Unterdrückung bedeuten. Das ist es, was diejenigen sind, die sich zur Friedensbewegung zählen, vergessen.
Diese setzt sich heute aus unterschiedlichen Gruppen zusammen. Da sind Überzeugungspazifisten, die sich reinen Herzens – und ziemlich naiv – Frieden wünschen. Und dann gibt es die, die Frieden fordern, weil sie sich schlicht überfordert fühlen, von den Krisen und Katastrophen der Welt. Sie wollen Ruhe – und mancher einen niedrigeren Gaspreis.
Und dann ist da noch die derzeit lauteste Gruppe. Sie sagt „Frieden“, fordert „Verhandlungen“ und meint tatsächlich: Russlands Machthaber Wladimir Putin soll bekommen, was er will. Große Teile dessen, was sich heute „Friedensbewegung“ nennt, ist vor allem eine Klammer für Anti-Amerikanismus aus ost- und westdeutscher Tradition. Deswegen trifft man auf Demonstrationen Vertreter der AfD neben Esoterikern und Sahra Wagenknecht.
Das erklärt auch, weshalb die Friedensbewegung derzeit keinen Zulauf hat. Beim Ukraine-Krieg ist eindeutig, wer angreift und wer sich legitim verteidigt. So nachvollziehbar der Wunsch nach Frieden sein mag: Es braucht dafür immer zwei. Und solange der eine nicht den Frieden, sondern den Krieg will, muss der andere kämpfen. So verhält es sich mit Russland und der Ukraine. Sie wird sich verteidigen, bis sie wieder friedlich leben darf.
Die Friedensbewegungen der Vergangenheit entstanden aus ganz anderen Gemengelagen. Dass sich Westdeutsche in den 1950er Jahren gegen die Wiederbewaffnung stellten, war wenige Jahre nach dem von Deutschland begonnen Zweiten Weltkrieg mehr als verständlich. Bei den Nachrüstungsdebatten der 1980er Jahre war die Lage nicht so klar wie heute im Ukraine-Krieg. Die Debatten von damals, mit den gleichen Slogans von damals auf heute anzuwenden, funktioniert nicht.
Wer nun warnt, es entstünde ein militärisch-industrieller Komplex in Deutschland, hat die Lage nicht verstanden. Deutschland ist ein zutiefst zivil geprägtes Land, keines vor dem die Nachbarn zittern. Im Gegenteil. Die Verbündeten fürchten sich eher vor einem schwachen Deutschland, das ihnen nicht gegen Russland beistehen kann.
Und wenn Russland dieser Tage vom Frieden spricht, dann klingt das so wie das, was Ex-Präsident Dmitrij Medwedew am Dienstag sagte: „Russland wird zu seinen eigenen Bedingungen Frieden erreichen.“ Dafür verschleppt Russland Kinder, bombardiert Bluttransfusionszentren und Wohnhäuser. Tag für Tag.
Und so gilt: Willst du den Frieden, so rüste dich zum Krieg. Deswegen ist es richtig, die Bundeswehr zu stärken. Der Wunsch nach Frieden ist derweil nicht verschwunden. Er ist es, wofür in der Ukraine gekämpft wird. Solange die Friedensbewegung das nicht versteht, wird sie ihrem Namen nicht gerecht.