In der Ostukraine eskaliert die Gewalt zunehmend. Nun geht der bange Blick nach Moskau. Wie wird der Kreml auf das Vorgehen gegen die prorussischen Kräfte reagieren? Das bislang friedliche Odessa erlebt eine Katastrophe.

In der Ostukraine eskaliert die Gewalt zunehmend. Nun geht der bange Blick nach Moskau. Wie wird der Kreml auf das Vorgehen gegen die prorussischen Kräfte reagieren? Das bislang friedliche Odessa erlebt eine Katastrophe.

 

Slawjansk/Washington - Knapp einen Monat nach Ausbruch der Unruhen im Osten der Ukraine hat die prowestliche Führung Hochburgen der Separatisten mit einem massiven Militäreinsatz angegriffen. Bei Kämpfen in Slawjansk und Kramatorsk gab es unbestätigten Angaben zufolge Tote und Verletzte. Im südukrainischen Odessa starben bei Krawallen und einem Gebäudebrand mehr als 30 Menschen.

Der Kreml reagierte mit scharfer Kritik auf die Zuspitzung der Lage in der russisch geprägten Osten des Landes. Präsident Wladimir Putin sagte, die Militäroffensive zerstöre die „letzte Hoffnung“ auf eine diplomatische Lösung, offenbar sei Kiew nun im Kampfmodus.

Moskau hatte für den Fall eines gewaltsamen Vorgehens gegen die prorussischen Kräfte ein militärisches Eingreifen nicht ausgeschlossen. Es gab aber keine Hinweise auf entsprechende Truppenbewegungen.

Der Konflikt griff auch auf die 500 Kilometer südwestlich gelegene Hafenmetropole Odessa über. Anhänger und Gegner der Übergangsregierung in Kiew lieferten sich dort schwere Straßenschlachten. Dabei wurde das zentrale Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt. Mindestens 31 Menschen starben in den Flammen. Bei den Krawallen kamen zudem mindestens vier weitere Menschen ums Leben. Ärzte berichteten von mehr als 170 Verletzten in der Stadt.

Das russische Außenministerium machte für die Vorfälle die Zentralregierung verantwortlich. Die „Tragödie von Odessa“ sei ein weiterer Beleg für „Kiews kriminelles Vertrauen auf Gewalt und Einschüchterung“, hieß es. Das Ministerium verlangte demnach mehr Informationen darüber, ob Russen unter den Opfern waren. Itar-Tass berichtete unter Berufung auf ukrainische Medienberichte von 15 getöteten Russen.

Obama droht mit weiteren Sanktionen

Die stellvertretende Sprecherin des US-Außenministeriums, Marie Harf, bedauerte den „sinnlosen Tod so vieler Menschen“. Sie rief zur raschen Deeskalation in dem Land und Umsetzung der Genfer Vereinarungen auf.

US-Präsident Barack Obama drohte nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel im Weißen Haus, rasch weitere Sanktionen gegen Moskau zu verhängen, falls Russland die Lage weiter außer Kontrolle bringe. Merkel pflichtete ihm bei und forderte konkrete Taten von Moskau. „Es ist uns ernst“, sagte sie.

Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen und hat deswegen Sanktionen gegen Moskau verhängt. Prorussische Aktivisten halten dort seit Wochen Dutzende Verwaltungsgebäude besetzt und fordern mehr Autonomie für die Region.

Die Führung in Kiew befürchtet, dass Putin seine Truppen in die Ost- und Südukraine einmarschieren lassen könnte - mit dem Argument, wie auf der Krim russische Bürger oder Interessen schützen zu müssen. Ein Mandat für diesen Fall hatte sich Putin vom Parlament geben lassen. Moskau hält im Gegenzug der EU und den USA vor, die Regierung in Kiew zu den jüngsten Angriffen ermuntert zu haben.

Im Osten rückten Regierungstruppen am Freitagabend mit Schützenpanzern in das Zentrum der besetzen Stadt Slawjansk vor. Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, „Terroristen“ hätten nahe der Stadt mit tragbaren Flugabwehrraketen zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 abgeschossen. Dabei seien zwei Besatzungsmitglieder getötet und weitere verletzt worden. Später seien vier mutmaßliche Schützen festgenommen worden. Das Ministerium veröffentlichte Fotos von vier gefesselten Männern in Zivilkleidung mit über den Kopf gestülpten Säcken.

Separatisten brachten die als Geiseln festgesetzten OSZE-Inspekteure - darunter auch vier Deutsche - aus der Kampfzone, wie der örtliche Milizenchef sagte. Nach russischen Angaben wollen sie diese unter Bedingungen freilassen. Die Militärbeobachter sollten in die Obhut des russischen Sondergesandten Wladimir Lukin kommen, der sich derzeit in der Ostukraine aufhalte, teilte das Außenamt in Moskau nach einem Telefonat von Minister Sergej Lawrow mit dem Schweizer Bundespräsidenten und amtierenden OSZE-Vorsitzenden Didier Burkhalter mit. Voraussetzung sei, dass Lukins Mission nicht von ukrainischen Truppen behindert werde. Burkhalter habe zugesagt, entsprechend auf Kiew einzuwirken. Die Geiseln sind seit einer Woche in der Hand der Separatisten. Der UN-Sicherheitsrat kam am Freitag in New York auf Drängen Russlands zu einer weiteren Sondersitzung zusammen.