Ukraine Trumps Knebelvertrag mit Kiew

Das bisher letzte Treffen von Wolodymyr Selenskyj (links) und Donald Trump fand im September vorigen Jahres in New York statt. Foto: dpa/Julia Demaree Nikhinson

Unter massivem Druck des US-Präsidenten hat die Ukraine einem Rohstoff-Deal mit den USA zugestimmt. Der Vertrag soll am Freitag in Washington unterzeichnet werden und sieht offenbar keine US-Sicherheitsgarantien für das Kriegsland vor.

It’s a very big deal – „Das ist ein wirklich großes Geschäft“, triumphierte der US-Präsident im Oval Office. „Es könnte zu einem Billionen-Dollar-Ding werden.“ Donald Trump rechtfertigte seinen Vertrag mit Präsident Wolodymyr Selenskyj über die Nutzung von ukrainischen Rohstoffen als legitime Gegenleistung und Entschädigung für US-amerikanische Militärhilfen. „Wir geben Hunderte Milliarden Dollar für die Ukraine aus – jetzt bekommt der amerikanische Steuerzahler sein Geld zurück.“

 

Noch sind die Details des Abkommens nicht bekannt. Es soll zunächst von den Finanzministern beider Länder in Kiew und am Freitag von beiden Präsidenten in Washington DC unterzeichnet werden. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ sieht das Abkommen vor, dass die Ukraine einen Teil der Erlöse aus der künftigen Erschließung von Bodenschätzen in einen Fonds einzahlt, der wiederum in Rohstoff-Projekte in der Ukraine investieren soll. Ressourcen, die der Ukraine jetzt bereits wichtige Finanzmittel einbringen – wie die bereits bestehende Öl-oder Gasproduktion – sind demnach nicht Teil der Vereinbarung. Dabei soll die Höhe der US-Beteiligung an dem Fonds und die Vereinbarung über gemeinsame Eigentumsrechte dem Bericht zufolge erst in künftigen Abkommen festgelegt werden.

„Schuldgelderpressung“

Man vermutet in der Ukraine ein Vorkommen von mindestens 20 der 50 Mineralien, die die USA als fundamental wichtig einstufen. Dazu gehören Lithium, Graphit, Titan, Uran und eine ganze Reihe seltener Erden, die beim Bau von Mobiltelefonen und in der Rüstungsindustrie gebraucht werden.

Wie einseitig das Abkommen zugunsten der USA ausfällt, lässt sich allein der Tatsache entnehmen, dass Washington der ukrainischen Seite im Gegenzug offenbar keinerlei Sicherheitsgarantien gewährt. Das war eine der ursprünglichen Kernforderungen der Ukraine gewesen. Trump hatte in den vergangenen Tagen den Druck massiv erhöht und immer wieder deutlich gemacht, dass die Ukraine in ihrer bedrängten Kriegslage gar keine andere Wahl habe, als dem US-Diktat des Abkommens zuzustimmen.

Die Spannungen zwischen den Präsidenten erhöhten sich dramatisch

Ohne die Hilfe der USA wäre die Ukraine in Kürze in einer aussichtslosen Lage. Die „New York Times“ kommentierte das Abkommen mit den Worten, Trump wolle aus dem Einmarsch Putins in der Ukraine Kapital schlagen, ohne von Putin Reparationen zu verlangen oder Kiew künftigen Schutz durch die USA zu versprechen. „Trump betreibt Schutzgelderpressung“, so das Blatt wörtlich.

Die Spannungen zwischen beiden Präsidenten hatten sich in den vergangenen Tagen dramatisch erhöht, nachdem Selenskyj sich geweigert hatte, dem ersten US-Vertragsentwurf zuzustimmen. Unter Berufung auf die von den USA geleistete Militärhilfe hatte Trump 500 Milliarden Dollar an potenziellen Einnahmen aus der Erschließung der ukrainischen Bodenschätze gefordert. Das wäre etwa das Fünffache der tatsächlich geleisteten US-Hilfeleistungen gewesen, die sich auf etwa 100 Milliarden Dollar belaufen.

Moskau und Washington Seit an Seit

Selenskyj hatte den US-Entwurf mit den Worten zurückgewiesen, er könne einen Ausverkauf seines Landes nicht verantworten. Eine Regelung, die von „zehn Generationen von Ukrainern zurückbezahlt werden müsse“, sei inakzeptabel. Trump hatte daraufhin Selenskyj zum „Diktator ohne Wahlen“ erklärt und in Verkehrung der Täter- und Opferrollen in diesem Krieg die Ukraine für den russischen Einmarsch verantwortlich gemacht. Selenskyj hatte daraufhin dem US-Präsidenten vorgehalten, in einer „russischen Informationsblase“ zu leben.

Wie ernst Trumps Drohungen mit dem Entzug jedweder Unterstützung für die Ukraine indes zu nehmen waren, muss Selenskyj auch mit dem amerikanischen Seitenwechsel bei den Abstimmungen in der Uno bewusst geworden sein. Die USA stimmten Anfang der Woche gegen die Ukraine und ihre Verbündeten und stemmten sich an der Seite Russlands und Nordkoreas gegen eine Verurteilung Putins als Aggressor. Selenskyj gestand am Ende kleinlaut ein: „Wenn wir gezwungen sind und nicht darauf verzichten können, müssen wir wohl unterschreiben“.

Unterdessen versucht Moskau, aus der Fehde zwischen Washington und Kiew Kapital zu schlagen. Der Kreml bot Trump demnach an, US-Unternehmen Rechte an Bodenschätzen einzuräumen – und zwar in den von Russland besetzten Teilen der Ukraine.

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