Der frühere Box-Weltmeister Vitali Klitschko ist bei der 50. Sicherheitskonferenz in München der Star. Er benötigt nur wenige Minuten, um die Zuhörer von seinem Widerstand in der Ukraine zu überzeugen.
München - Jede Sicherheitskonferenz hat so etwas wie einen magischen Moment, bei dem ein Konflikt von weltweiter Ausstrahlung die Teilnehmer in den Bann zieht. Bei der 50. Konferenz ist es wohl die Szene, als Ukraines Außenminister Leonid Koschara und der Oppositionelle Vitali Klitschko in den Clinch gehen – in sachlichem Ton, aber mit unverminderter Härte. Die Kontrahenten werden umrahmt von osteuropäischen Staatsmännern, doch die Ukraine droht in Chaos und Bürgerkrieg abzurutschen – da sind deren Themen zweitrangig.
Insgesamt elf Minuten hat der frühere Boxweltmeister Zeit, seinen Kampf gegen den Staatschef Viktor Janukowitsch zu begründen. Lediglich zweimal ergreift er das Wort. Zunächst in holprigem Deutsch, dann in Englisch schildert er, wie die Demonstranten den Anschluss an die EU durchsetzen wollen und von der Regierung drangsaliert werden. „Die Ukrainer kommen mit europäischen Fahnen zu den Protesten“, sagt er. Doch die Regierung habe den Weg der Eskalation gewählt. Noch immer würden 300 Menschen festgehalten, noch immer seien mehr als 70 Personen inhaftiert, noch immer würden 27 vermisst. Klitschko erhält anhaltenden Applaus – ein seltener Vorgang bei der sonst so nüchternen Sicherheitskonferenz.
Der Außenminister schlägt zurück
Sein Gegner, der nur noch geschäftsführende Außenminister, gibt sich unbeeindruckt, obwohl er fast allein dasteht. Die Regierung habe alle Bedingungen der Opposition erfüllt, versichert er. Sogar über Wahlen sei sie bereit zu sprechen. Überhaupt wolle man sich weiter der EU annähern, auch wenn es wegen der acht Millionen ethnischer Russen im Land „unmöglich ist, die Ukraine Russland einfach zu entreißen“. Seinerseits beschuldigt Koschara den 42-jährigen Chef der Udar-Partei, mit Terrorgruppen zu kooperieren, die die Polizei mit Molotowcocktails attackierten. „Terroristen sollten nicht frei auf der Straße herumlaufen“, begründet er die Verhaftungen.
Klitschko verlässt die Bühne und holt ein Heft mit Fotos, die blutige Staatsgewalt belegen sollen. Er verteilt mehrere Exemplare und hält Bilder hoch. Das Auftreten des Zwei-Meter-Mannes verrät Entschlossenheit; die Nervosität auf der politischen Weltbühne kann er halbwegs verbergen. „Jetzt sind die Menschen gegen das System – darin sehen sie keine Zukunft mehr“, sagt Klitschko. Die demokratischen Kräfte ließen sich nicht mehr in Angst versetzen. Deutlich wird, dass ein Vermittler fehlt – auch in München sind die Moderatoren parteiisch.