Die CDU-Kreisverbände Ulm und Ravensburg erwägen personelle Rochaden. Die junge Nachwuchspolitikerin Ronja Schmitt könnte dabei zur Verliererin werden – denn den maßgeblichen Ravensburger CDU-Mitgliedern scheint es ihr am Stallgeruch zu fehlen.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm/Ravensburg - Die CDU-Bastionen Ulm und Ravensburg stecken in Personalnöten. Wichtige Volksvertreter sind ausgefallen oder wollen nicht mehr. Am Samstag treffen sich Abordnungen der beiden Kreisverbände aus dem Oberland zu Sondierungsgesprächen. Wie sich abzeichnet, könnten die Ulmer ihren Bundestagsabgeordneten Waldemar Westermayer nach Ravensburg verlieren. Aber das sind längst nicht alle Probleme.

 

Die Verwirrungen begannen bereits mit dem nach der Plagiatsaffäre erzwungenen Abgang Annette Schavans als Ulmer Bundestagsabgeordnete im vergangenen Sommer. Für die inzwischen als Vatikanbotschafterin tätige ehemalige Bundesforschungsministerin war der aus Leutkirch (Kreis Ravensburg) stammende Abgeordnete Waldemar Westermayer nachgerückt. Manches Ulmer Parteimitglied fragte sich, was der Landwirt aus dem Nachbarkreis für die Entwicklung des Ulmer Universitätsstadt ausrichten solle, doch es half nichts: Der über die Landesliste in den Bundestag eingerückte Westermayer war gemäß der Parteisatzung der natürliche Nachfolger Schavans.

Schockenhoffs Tod reißt eine Lücke

Dann verstarb Mitte Dezember im Alter von 57 Jahren der Ravensburger Abgeordnete Andreas Schockenhoff. Nun plant Westermayer, in dessen Fußstapfen zu treten. Das Berliner Büro des Leutkirchers bestätigte das. Es gebe entsprechende „Bestrebungen im Kreisverband Ravensburg“. Die Pläne sind offenbar weit gediehen. Westermayers Nachfolger in Ulm soll der aus Ehingen (Alb-Donau-Kreis) stammende 69-jährige Heinz Wiese werden, der ebenfalls über die Landesliste Abgeordneter in Berlin wurde. „Ich werde meine Partei nicht hängen lassen“, sagte Wiese am Donnerstag. Lieber aber, fügte er hinzu, würde er seine bisherigen Aufgaben beibehalten. Man müsse doch auch „den Jungen eine Chance geben“. Auch Thomas Schweizer, dem Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Ulm/Alb-Donau, leuchtet der sich anbahnende Wechsel nur schwer ein. Am liebsten würde der Verband Westermayer in Ulm halten, sagte er.

Zur Treue kann die Ulmer CDU ihren Bundestagsabgeordneten jedoch nicht zwingen. Streng formal betrachtet sind Abgeordnete in ihren Entscheidungen nur den Wählern verpflichtet und nicht dem Votum von Parteiverbänden unterworfen. Für die Ulmer CDU kommt es sogar noch dicker: In dieser Woche hat die frühere Sozialministerin und Landtagsabgeordnete Monika Stolz angekündigt, sie werde 2016 ihr Mandat aufgeben. Am nächsten Montag soll im Rahmen einer Kreisvorstandssitzung zum ersten Mal über die Nachfolge debattiert werden. Namen dringen noch nicht aus dem Verband.

Wird Ronja Schmitt ein Einsehen haben?

Aber auch die Ravensburger haben noch ein prekäres Problem zu lösen. Gemäß der Landesliste, auf die sich die Parteisatzung bezieht, wäre die rechtmäßige Nachfolgerin von Andreas Schockenhoff die aus dem Landkreis Calw stammende Ronja Schmitt. Die 25-jährige VWL-Studentin, die aktuell im italienischen Pavia für ihren Masterabschluss arbeitet, hat sich bereits als Vorsitzende des Kreisverbandes der Jungen Union Calw sowie als Landesvorsitzende des Ringes Christlicher-Demokratischer Studenten einen Namen gemacht. Sie ist zudem seit 2013 Mitglied im Bezirksvorstand der CDU Nordbaden. Nach dem Tod Schockenhoffs erklärte die Nachwuchspolitikerin bereits, dessen Amt in Berlin als Nachrückerin annehmen zu wollen.

Doch maßgeblichen Ravensburger CDU-Mitgliedern scheint es der Studentin am Stallgeruch zu fehlen. Eine Abgeordnete, die niemanden im Wahlkreis kenne und von niemandem gekannt werde, sei keine Hilfe, sagt ein altes Parteimitglied. Ob Ronja Schmitt das selbst auch so sieht, ist nicht bekannt. Am Donnerstag war die 25-Jährige nicht zu erreichen. Ob sie am Samstag zum Treffen der Kreisverbände erscheinen wird, ist ungewiss. Susanne Schwaderer, die Bezirksgeschäftsführerin der CDU Ravensburg, stellt jedoch vorab klar: „Wir müssen uns alle zusammensetzen, auch mit Frau Schmitt.“

Das Reden vom Nachwuchs

Blockiert die CDU im Oberland zum eigenen Schaden eine Nachwuchskraft? Moderieren wird das Treffen am Samstag der Sigmaringer Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß, Bezirksvorsitzender der CDU Württemberg-Hohenzollern und mit 39 Jahren selbst politische Nachwuchshoffnung. Auch er ist am Donnerstag nicht zu sprechen gewesen.