Vom Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis in das neue Jahrtausend hinein war Ulrich Sahm für die Stuttgarter Zeitung Auge und Ohr im Nahen Osten.
Wenn Ulrich Sahm angefangen hat zu reden, dann brauchten seine Zuhörer Zeit. Der sonore Bass des Journalisten mochte meist gar nicht mehr aufhören zu erzählen. Es waren Geschichten, die sich anzuhören lohnte. Egal, ob das Urgestein aller Israel-Korrespondenten mit messerscharfem Verstand die Regierung des Landes verbal zerlegte, oder zum Besten gab, wie er als junger Mann von einem Eselskarren mitgenommen wurde, um bei dem Gespräch mit dessen Lenker zu erfahren, dass dieser einst als Pförtner bei seinem Großvater gearbeitet hat.
Erste Geschichte per Briefpost nach Deutschland
Ulrich Wilhelm Sahm war ein deutscher Diplomatensohn. Benannt nach seinem Onkel, Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, der zu den Verschwörern des 20.Juli gehörte, hat er einen Teil seiner Schulzeit in Paris verbracht. Von französischen Mitschülern wurde er dort mit Heil Hitler begrüßt, „die israelischen Klassenkameraden haben sich schützend vor mich gestellt“, hat Sahm einmal erzählt. Wahrscheinlich war das der Beginn einer Beziehung zu einem Land, die ein Leben lang anhalten sollte.
Er habe nach dem Abitur Israel besucht und sich mit Vorträgen über Wasser gehalten, hat Sahm einmal erzählt. Eine Gruppe deutscher Journalisten habe ihm dann geraten, diese Erzählungen aufzuschreiben. Per Briefpost seien die nach Deutschland gelangt, und die knitzen Augen blicken noch etwas frecher drein über dem grauen Rauschebart, wenn Ulrich Sahm erzählt, dass diese Aufzeichnungen auch tatsächlich gedruckt wurden. „Von da an war ich Journalist.“
Auge und Ohr über viele Jahrzehnte
Vom Ende der 1970er Jahre bis ins neue Jahrtausend war Sahm auch für die Stuttgarter Zeitung Auge und Ohr im Nahen Osten. Sein erster Artikel erschien zu einer Zeit, als die Währung in Israel noch Pfund hieß und der Friedensvertrag mit Ägypten noch nicht geschlossen war. „Die Angst vor dem nächsten Krieg ist gewichen“ schrieb Sahm damals – fast auf den Tag 45 Jahre ist das her.
Einem noch breiteren Publikum ist Sahm auf dem Nachrichtensender n-tv bekannt geworden. Es kannten sich nur wenige besser aus in der israelischen Politik, Geschichte, Wirtschaft und Gesellschaft. Als „Quasi-Israeli“ hat ihn die „Jüdische Allgemeine“ betitelt, ein Titel, den wir gerne übernehmen. Am Mittwochabend, ist Ulrich Sahm in seiner letzten Heimat Bremen gestorben. Er wurde 74 Jahre alt.