Am Sonntag tritt der Film- und Theaterschauspieler Ulrich Tukur mit den Rhythmus Boys im Stuttgarter Theaterhaus auf. Im Interview verrät er, dass er sich wieder durch seine Conférencen schlawinern wird – und das ist keine Drohung, sondern ein hübsches Versprechen.

Stuttgart – Wer sich für Kultur interessiert, begegnet Ulrich Tukur immer wieder. Ob im Kino, zuletzt in „Exit Marrakech“, oder im Fernsehen, zuletzt als Felix Murot im „Tatort“, ob im Theater oder im Konzertsaal: der Schauspieler ist ständig präsent. Am Sonntag gastiert der 56-jährige Tausendsassa als Musiker mit seinen Rhythmus Boys im Stuttgarter Theaterhaus.

 
Herr Tukur, gehört zu Ihrem Künstlerglück eine Tour wie jetzt mit den Rhythmus Boys?
Ja, ich liebe unsere Musik und die Zusammenarbeit mit den Jungs. Die Reisen im zugemüllten Bus, das Einrichten der Bühne, das lange Konzert, das warme Bier danach, das Wiedereinpacken, danach die Übernachtung im Schlafsilo aus Beton gleich neben der Autobahn: ein großer Spaß! Wie es auch ein großes Vergnügen ist, mit den Menschen zu reden und Conférencen zu halten, von denen ich überhaupt keine Ahnung habe, wo sie am Ende hinführen – und dabei einfach auf die Gunst des Augenblicks lauere und hoffe, dass mir etwas Gescheites über die Lippen kommt.
 . . . natürlich oldfashioned im Stil der zwanziger und dreißiger Jahre . . .
. . .  in unserem Stil. Und der wird sich auch noch ändern: Wir werden nicht auf alle Zeiten und Ewigkeiten uralte Schnulzen covern. Im kommenden Oktober wird es ein neues Programm von uns mit dem Titel „Let’s misbehave“ geben: Da misshandeln wir dann englische und amerikanische Jazz- und Swing-Standards, um die wir immer herumgeschlichen sind.
Was konkret werden Sie mit den Stücken anstellen?
Wir werden sie komplett zerlegen und völlig neu arrangieren. Und wir erlauben uns Dinge, die man besser nicht tun sollte: Ich habe uns vier Ballett-Tutus schneidern lassen . . . Und zum Schluss kommt noch eine letzte Tour mit eigenen Kompositionen unserer Band.
Planen Sie etwa den Rückzug aus dem Musikgeschäft?
Ich weiß ja nicht, wie lange die Herren Rhythmus Boys noch durchhalten. Der körperliche Verfall ist schon beeindruckend (lacht). Schnappfinger, Bluthochdruck, Schwindelanfälle, Ohrensausen, Kurzsichtigkeit . . .
Angesichts der zahlreichen Bühnen, auf denen Sie Ihre Reichtümer hör- und sichtbar machen, sind Sie sicher ein gut organisierter und selbstdisziplinierter Mensch . . .
. . . nicht wirklich. Ich bin weder gut organisiert noch diszipliniert. Meist haste ich meinen Verpflichtungen und Verabredungen hinterher, und weil ich große Angst davor habe, als Hochstapler aufzufliegen, strenge ich mich wahnsinnig an, nicht erwischt zu werden. Mit den Jahren wird das immer anstrengender.
Schüren solche Erfahrungen auch die Angst vor dem Altern?
Es gibt Menschen, die denken einfach nicht darüber nach – und es bringt ja auch nichts. Ich beschäftige mich ständig damit, schaue morgens in den Spiegel, sehe, dass ich schon wieder einen Tag älter geworden bin – und dann sagt eine kleine, teuflische Stimme in mir: „Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe . . .“ (lacht)
Und was antworten Sie dieser Stimme?
Halt die Klappe! Nein, im Ernst, natürlich macht man sich Sorgen im Angesicht des demütigenden Dahinsiechens vieler mir nahestehender Menschen. Erreiche ich den Zustand der Gelassenheit, den man braucht, um das Unabwendbare hinzunehmen, wird mir ja vielleicht das Glück des eleganten Abgangs zuteil. Bis dahin aber würde ich mich schon gerne etwas weniger mit dem Altern beschäftigen.
Also möchten Sie auch keine Abstriche in puncto Lebensfeier machen?
Ich will leben! Ich will das machen, wozu ich Lust habe, solange es geht.