Nicht ganz freiwillig ist Israels Gesundheitsminister Jakov Litzman zurückgetreten, weil die Staatsbahn am Samstag Instandhaltungsarbeiten durchgeführt hat. Doch durch die Hintertür könnte er wieder in die Regierung kommen.

Jerusalem - Selbst am Sabbat, dem jüdischen Ruhetag, steht der öffentliche Dienst nicht in ganz Israel still. In den Notaufnahmen versehen Ärzte ihren Dienst, Pflegepersonal versorgt die Kranken, Polizei und Armee sind ebenfalls einsatzbereit. Aber dass an diesem Wochenende Angestellte des staatlichen Schienenverkehrs zu Wartungsarbeiten am Streckennetz ausrückten – und zwar mit ausdrücklicher Erlaubnis der Regierung – hat die Strengfrommen in Rage versetzt. Aus Protest gegen die Missachtung des Ruhegebots reichte Gesundheitsminister Jakov Litzman von der ultraorthodoxen Thora-Partei am Sonntag seinen Rücktritt ein.

 

Litzman blieb keine Wahl. „Der Rabbi hat ihm eine Anweisung erteilt, und der muss er folgen“, hieß es im Dunstkreis des Ministers, der sich selbst gegen seinen eigenen Willen schasste. Dabei war die Sondergenehmigung, ausnahmsweise am Sabbat Bahnschienen zu reparieren, mit der Begründung versehen, dass sonst Menschenleben gefährdet würden. Nach dem jüdischen Religionskodex hat die Lebensrettung Vorrang vor der Achtung des heiligen Sabbats. Der Verweis darauf reicht meist, um die Gemüter der Haredim (Gottesfürchtigen) zu beruhigen.

Die Hoffnung der Opposition auf einen Dominoeffekt ist verfrüht

Der Streit um den „Schabbes“ hat schon etliche Regierungskrisen ausgelöst. Diesmal aber mache die Sache gar keinen Sinn, befand TV-Kommentator Amit Segal: „Eine für sie bessere Regierung werden die Haredim nicht bekommen.“ Schließlich tut Premier Benjamin Netanjahu eine Menge, um sie bei Laune und sich eine Koalitionsmehrheit zu erhalten.

Doch soziale Medien wie Facebook leisten auch schläfengelockten Populisten und rigiden Auslegern religiöser Gesetze Vorschub. „Sie setzen eine extremistische Tonlage“, sagt Segal. Der hochbetagte Oberrabbiner der hassidischen Gur-Sekte, der den Minister zum Abdanken zwang, ist so weltabgewandt, dass er mit keinem spricht, der den Sabbat nicht einhält. Die Koalition verlassen will freilich auch die Thora-Partei nicht, ließ sie wissen. Die Hoffnung in Oppositionskreisen, der Austritt Litzmans werde einen Dominoeffekt auslösen und Netanjahus Regierung stürzen lassen, war verfrüht. Mit einem Trick könnte er als Vizeminister zurück ins Kabinett geholt werden, was wohl auch die prinzipienstrengen Rabbiner durchgehen lassen würden.