Umbau der Bahn-Spitze Richard Lutz als Grube-Nachfolger und weitere Neuerungen

Einer der engsten Kollegen des Ex-Vorstands Grube wird Bahnchef - der frühere Kanzleramtschef Pofalla geht leer aus. Die Wahl von Richard Lutz ist möglicherweise nicht die einzige Neuerung.
Berlin - Sechs Wochen nach dem Rücktritt von Bahnchef Rüdiger Grube ist die Nachfolge geklärt: Finanzchef Richard Lutz soll die Führung des bundeseigenen Konzerns übernehmen. Darauf hat sich die schwarz-rote Koalition verständigt. Lutz führt den Konzern nach dem Abgang Grubes bereits kommissarisch, der Aufsichtsrat soll den 52-Jährigen bei seiner Sitzung am Mittwoch nächster Woche zum Vorstandsvorsitzenden küren. Während die Grünen die Entscheidung als verpasste Chance kritisierten, sprachen Fahrgastvertreter von einer guten Wahl.
Geplant ist neben der Ernennung von Lutz zum neuen Bahn-Chef nach dpa-Informationen auch ein Umbau des Konzernvorstandes. So soll es eigene Vorstandsressorts für Technik/Digitales und den deutschen Güterverkehr DB Cargo geben. Für Samstag hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den Aufsichtsrat eingeladen, um ihn über den Umbau zu informieren, wie ein Sprecher am Dienstag sagte. Über das Treffen hatte zuvor der „Tagesspiegel“ berichtet.
Überraschender Rücktritt
Wie die Zeitung „Welt“ unter Berufung auf Kreise des Bahn-Aufsichtsrats berichtete, ist der bisherige Siemens-Manager Siegfried Russwurm als neuer Technik-Vorstand vorgesehen, die bisherige Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta, als neue Leiterin des Schienengüterverkehrs. Dafür gibt es bislang keine offizielle Bestätigung.
Grube (65) war Ende Januar im Streit um eine Vertragsverlängerung überraschend zurückgetreten. Lutz übernahm die kommissarische Leitung des Konzerns mit weltweit rund 300 000 Beschäftigten. Lutz ist seit 2010 Finanzvorstand bei der Bahn und arbeitete eng mit Grube zusammen. Mit der Entscheidung für den Betriebswirt kommt der als möglicher Grube-Nachfolger genannte frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla nicht zum Zuge. Er ist Infrastrukturvorstand der Bahn.
„Die Benennung von Lutz zeigt die Perspektivlosigkeit, mit der die große Koalition das Thema Bahn weiter betreibt“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. „Von Aufbruch keine Spur.“ Das Kanzleramt und das Verkehrsministerium betrachteten die Bahn als Reparaturbetrieb und nicht als Zentrum der Mobilitätskette, kritisierte die Fraktion.
Fahrgastverband sieht Lutz als „guten Mann“
Der Fahrgastverband Pro sieht Lutz hingegen als „guten Mann“. „Er kennt die Bahn schon sehr lange und bewahrt stets die Ruhe“, sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch). Die Bahn brauche nun eine stärkere Unterstützung durch die Politik. Der Schienenverkehr müsse ausgebaut werden.
Die Entscheidung für Lutz fiel nach dpa-Informationen zwischen Dobrindt, Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD), Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). Gegen den früheren Minister Pofalla sprach dabei, dass die Koalition sich keinen „Mauschelei“-Vorwürfen aussetzen wollte, wie es in Koalitionskreisen hieß.
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