Ludwigsburg - Wer die Ludwigsburger Rockfabrik von früher kennt, der kann im Geiste auch heute noch ihre einst fratzenbedeckten Wände und die Tanzfläche erahnen. Sieht vor dem inneren Auge Nischen und Räume, in denen man saß, rockte, Bier verschüttete und sich meist nur schreiend unterhalten konnte. Die Treppe hoch zum Zwischenstockwerk ist noch da, wenn sie auch saniert ist. Einst gab es hier eine Bar, Kicker, Tische. Nun führen Türen in Büros.
Der Blick nach oben im Haupttrakt, wo einmal Metalfans im großen Club 1 headbangten und feierten, zeigt Teile der alten Dachkonstruktion. Dicke silberne Rohre hängen unter der Decke, sie sind zwar neu, doch erinnern sie an das rustikal-industrielle Flair der „Rofa“, die ja mal eine Kühlschrankfabrik war. „Die Rockfabrik ist hier noch zu spüren“, sagt Corinna Bosch von der Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Hier sei zwar kein Ballett getanzt worden, aber „auch die Rofa war Kultur“, befindet Professor Wolfgang Ernst.
Die Rofa ist Geschichte
Manche Sätze an diesem Montagnachmittag klingen ein wenig beschwörend, im Subtext schwingt mit: Seht, wir haben nicht vergessen, was das hier einmal war und was es für viele Menschen bedeutet hat. Und dennoch: Trotz der architektonischen Brücken, trotz der Erinnerungsrhetorik, trotz der schwarzen Container, die noch vor dem Gebäude stehen – die Rofa ist Geschichte. Die umgebauten Räume auf dem Urban-Harbor-Areal sind nun vom Vermieter – der MM Immobiliengesellschaft – an die Ludwigsburger Dependance der Vermögen und Bau übergeben worden. Der Landesbetrieb wiederum mietet es für die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen an, die hier auf 1300 Quadratmetern und in neun Seminarräumen künftig ihre neue Außenstelle unterhalten wird. Im September, wenn das neue Semester vor der Tür steht, geht es dann so richtig los, zunächst in den drei Studiengängen Allgemeine Finanzverwaltung, deutsche Rentenversicherung und digitales Verwaltungsmanagement. Anfangs, sagt Hochschulrektor Wolfgang Ernst, werden es 120 Studenten sein, die hier lernen. Wirtschaft, Kultur, Bildung, das komme auf dem Areal zusammen, ist er sich sicher. Ein schönes und tolles Objekt habe man hier umgesetzt, sagt Madlen Maier, Mitgesellschafterin der MM Unternehmensgruppe und Tochter des Firmenchefs Max Maier.
Lesen Sie hier aus unserem Plus-Angebot: Teile der alten Rockfabrik werden abgerissen.
MM Immobilien bekam durchaus Kritik ab, als bekannt wurde, dass es den Mietvertrag für die Rofa nicht verlängern werde, und stattdessen die Hochschule einziehen solle. Die Fans organisierten gar eine Straßendemonstration, um die Rockfabrik zu erhalten, die für sie seit 1983 zur Ludwigsburger Weststadt gehört wie der Eddie aufs Maiden-Cover. Die Stadt schaltete sich in die Debatte ein, half in der Folge auch bei der Suche nach einem Alternativstandort für den Metal-Tempel, der immerhin auch Stadtmarketing ist – in Szenekreisen kennt man ihn deutschlandweit, gar weltweit. Am Ende brachten die Kämpfe der Rofa-Retter keinen Erfolg. Im Juli 2020 wurde der Mietvertrag für die Hochschul-Außenstelle unterzeichnet. Dass der Aus- und Umbau danach schnell und unbürokratisch ging, darüber sind sich die Feierenden am Montag einig. „Wir haben die neuen Flächen dringend gebraucht“, betont Ernst die Bedeutung des Umbaus für seine Hochschule, auf dem Campus Ludwigsburg werde der Platz knapp.
Ein Stockwerk fühlt sich noch wie früher an
Einen großen Bereich gibt es allerdings in dem Gebäude, in dem alles noch wie früher wirkt. Wer die Treppe zum früheren Club 2 im zweiten Stock hinauf geht, der sieht noch die Fratzen an den Wänden und riecht den alten Duft, jene Mischung aus Bierdunst, Nebelmaschine und Rock’n’roll. Dort gibt es noch die alte Bühne und die grauen Fliesen. „Nur für den Brandschutz haben wir nachgerüstet“, erklärt Bauleiter Rainer Klein. Was einmal mit diesen Räumen, die direkt ans Parkdeck anschließen, geschehen soll? Noch sei da nichts spruchreif, heißt es. Noch ist hier ein kleines bisschen alte Rofa übrig.