Vor zweieinhalb Jahren hat der Gemeinderat als Konsequenz aus der Finanzkrise die Modernisierung des Gazi-Stadions verschoben. Jetzt haben die Kickers den Aufstieg geschafft – und den Gemeinderat holt das Thema wieder ein.

Stuttgart - Zweieinhalb Jahre nachdem der Gemeinderat als Konsequenz aus der Finanzkrise die Modernisierung des Gazi-Stadions verschoben hatte, holt ihn dieses Thema ein. Die Stuttgarter Kickers haben den Wiederaufstieg in die Dritte Liga geschafft. Der Spielbetrieb in der untersten Profiliga stellt ganz andere Anforderungen an die Sportinfrastruktur als jener in der höchsten Amateurklasse, weshalb die Stadt als Eigentümerin um einen Um- oder gar Neubau der Haupttribüne nicht herumkommen werde, betont die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU). Auch die Fraktionschefs von CDU und Grünen, Alexander Kotz sowie Peter Pätzold, sehen das so.

 

Das ist weder für die Stadt noch für die Kickers eine neue Erkenntnis, denn in der ersten Drittliga-Saison 2008/2009 durften die „Blauen“ nur mit einer zeitlich befristeten Ausnahmegenehmigung des Deutschen Fußball-Bundes ihre Heimspiele im Stadion auf der Waldau austragen. Mit dem Abstieg entfiel die Notwendigkeit eines Umbaus. Zwar spielen die Amateure des VfB Stuttgart ebenfalls seit der Ligaeinführung ihre Partien in Degerloch, für die zweiten Mannschaften von Profivereinen sind die Auflagen für die räumliche Ausstattung und die Sicherheit wegen der geringeren Zuschauerzahl aber nicht so hoch.

Das Sportamt hat die Spielstärke der Kickers richtig eingeschätzt; jedenfalls hätten sich ihre Mitarbeiter schon seit geraumer Zeit mit der Umbauplanung beschäftigt, sagte Eisenmann. Am Mittwoch führe sie ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Kickers, um die Anforderungen an das Stadion zu besprechen, das im Falle eines Anhaltens des sportlichen Höhenflugs des Traditionsklubs an die Bedingungen für die zweite Liga angepasst werden könnte. Dies würde die Bereiche hinter den Toren und auf der Gegentribüne betreffen.

Der Gemeinderat mochte nicht auf den Aufstieg wetten

Die Sportverwaltung geht davon aus, dass der Fußball-Bund für die anstehende Saison die Spielgenehmigung erteilt, allerdings für die Saison 2013/2014 ein Stadion erwartet, das den Anforderungen auch wirklich Rechnung trägt. Dazu zählen etwa 2000 statt bisher 1000 Sitzplätze auf der Haupttribüne, eine bestimmte Anzahl an Pressearbeitsplätzen, Vip-Räume und Flächen für die Polizei und den Rettungsdienst. Damit wäre die Hoffnung von CDU-Chef Kotz zunichte gemacht, erst in der übernächsten Saison mit dem Umbau beginnen zu müssen– und auch die Finanzierung im Rahmen des nächsten Doppelhaushalts 2014/2015 stemmen zu können.

Zwar waren die Kickers bei der Verabschiedung des Etats für das laufende und für das kommende Jahr in der Regionalligatabelle schon gut platziert; der Gemeinderat mochte aber dennoch nicht auf den Aufstieg wetten. Er stellte jedenfalls keine Mittel für einen Umbau ein. Die Kosten waren 2008 auf bis zu 6,9 Millionen Euro veranschlagt worden.

„Billiger ist es sicher nicht geworden“, sagt Eisenmann; sie geht nun von „acht bis neun Millionen Euro“ aus, für die sie und Kämmerer Michael Föll dem Gemeinderat einen Finanzierungsvorschlag unterbreiten müssen. Die Sportbürgermeisterin, die im Gremium eine Mehrheit für den Umbau sieht, drückt aufs Tempo. Über kurz oder lang hätte sich die Frage nach der Zukunft des Gazi-Stadions wegen des Modernisierungsbedarfs auch unabhängig vom Aufstieg der Kickers gestellt, sagt sie. Der Grundsatzbeschluss soll noch vor der Sommerpause fallen, damit im Frühjahr 2013 mit dem Umbau begonnen werden könnte. Im Herbst soll dann die Haupttribüne entweder abgerissen und neu gebaut oder lediglich ausgebeint, modernisiert und vergrößert worden sein.

Obwohl in der Dritten Liga eine Rasenheizung nicht zwingend vorausgesetzt wird, soll sie Bestandteil des Projekts sein, so Eisenmann. Auf Degerlochs Höhen kann in schneereichen Wintern nicht gespielt werden; für die Kickers ist eine lange Zeit ohne Zuschauereinnahmen nur schwer zu meistern. Aber auch der Umbau bei laufendem Spielbetrieb wird den Verein belasten. Es drohen vorübergehend geringere Zuschauereinnahmen und gegebenenfalls sogar das ein oder andere Heimspiel in der Mercedes-Benz-Arena.