Dieses Frühjahr müssen die Anwohner des Feuersees in Stuttgart-West einiges aushalten: Vergangene Woche haben die Bauarbeiten begonnen - der See soll dafür bald in neuem Glanz erstrahlen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Von der kleinen Steininsel aus beobachten die Nilgänse mit Argwohn die Aktivitäten am Ufer. Es ist nur noch ein furchiger Braunstreifen, nachdem den ganzen Tag schon monströses Gerät drübergewalzt ist. Eine genervte Entenschar hat sich Richtung Johanneskirche verzogen, watschelt auf dem kleinen Vorplatz umher und schnäbelt nach Brotkrumen, die Leute beutelweise ausstreuen, obwohl füttern verboten ist. Dieses Frühjahr wird für die Bewohner des Feuersees der Horror: Das Ufer wird umgebaut und das Wasser zugänglich gemacht für alle, die nicht über Flosse, Flügel oder Schwimmhäute verfügen. Eine rollstuhltaugliche Rampe soll zum Wasser geführt, die Aufenthaltsqualität insgesamt verbessert werden. In der vergangenen Woche haben die Bauarbeiten begonnen.

 

Balkone fallen weg

Ziel ist es, den Freiraum mit Wasserfläche im Westen aufzuwerten und erlebbar zu machen. An der südlichen Uferseite entlang der Rotebühlstraße soll eine bauliche Kante mit einer großzügigen Treppenanlage samt Sitzstufen entstehen. Eine Rampe führt vom südöstlichen Ufer barrierefrei hinab ans Wasser. Unten am Ufer soll ein Podest mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen. Laut der Verwaltung wird sich die Wasserfläche des Feuersees durch den baulichen Eingriff auf der Länge des Südufers um 1,5 Meter verringern. Bis zu den Sommerferien sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Ursprünglich hatte die Stadt den Uferumbau schon im vergangenen Jahr in Angriff nehmen wollen. Doch nach Einwänden des Verschönerungsvereins hatten sich die Fachleute in der Verwaltung nochmals über die Pläne gebeugt und Varianten erarbeitet. Vergangenen Herbst musste der Entwurf dann nochmals abgespeckt werden. Ursprünglich sollte der Treppenabgang von der Rotebühlstraße zum Ufer von zwei großflächigen Balkonen flankiert werden. Aber statische Berechnungen führten zu Tage, dass diese weit tieferer Fundamente bedürften als angenommen, was die Kosten in die Höhe getrieben hätte. So wurden die Balkone weggekürzt.

See ist Teil eines Ensembles

Ausgangspunkt für die nun begonnene Neugestaltung des Ufers war 2013 eine Bürgerwerkstatt, zu der drei Planungsbüros eingeladen waren. Im Anschluss wurde das Stuttgarter Büro g2 Landschaftsarchitekten mit der weiteren Bearbeitung beauftragt. Die Gesamtkosten für die Verschönerungsmaßnahme belaufen sich auf 630 000 Euro. Der Löwenanteil war bereits im Doppelhaushalt 2014/2015 in Form einer Stadtentwicklungspauschale zur Verfügung gestellt worden. Knapp 30 000 Euro konnte der Bezirksbeirat als Spenden akquirieren, weitere 40 000 Euro, die bei einem anderen Projekt gespart werden konnten, fließen nun in den Umbau.

An der Umgestaltung war seit vielen Jahren geplant worden. Die Grundideen war immer ein barrierefreier Zugang zum See und eine gesteigerte Aufenthaltsqualität. Dabei durften die Belange des Denkmalschutzes nicht aus dem Blick geraten. Denn der See, 1701 als Löschwasserteich angelegt, ist bereits seit dem 19. Jahrhundert Teil eines imposanten baulichen Ensembles. In den Jahren von 1864 bis 1876 wurde auf einer Landzunge die Johanneskirche im Stil der Neugotik errichtet. Die breite Straße, die zum See führte, wurde 1870 nach der Kirche benannt, an der sie endete. Die gut einen Kilometer lange, von Bäumen gesäumte Johannesstraße wurde Stuttgarts erster Prachtboulevard.